Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Vor-GmbH
Rz. 32
Die Vor-GmbH oder Vorgesellschaft (auch GmbH in Gründung bzw. GmbH i.G.) entsteht mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages. Sie ist ein Personenverband eigener Art, der einem Sonderrecht unterstellt ist, das aus den im Gesetz und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Gründungsvorschriften und dem Recht der eingetragenen GmbH besteht, soweit dieses nicht die Eintragung voraussetzt. Die Vorgesellschaft ist körperschaftlich strukturiert und teilrechtsfähig. Sie kann unternehmerisch tätig werden. Sie ist namens- und firmenfähig, grundbuchfähig, konto-, wechsel- und scheckfähig, aktiv und passiv parteifähig und insolvenzfähig (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Sie kann Komplementärin einer KG sein und kann Anträge im Verfahren vor dem Handelsregister stellen. Nach dem OLG Hamm ist nur eine echte Vor-GmbH parteifähig. Betreiben die Parteien die Eintragung nicht und führen sie die Geschäfte gleichwohl fort, ist die Vor-GmbH nach der Rspr. des BGH als Personengesellschaft zu behandeln.
Rz. 33
Mit der notariellen Beurkundung des GmbH-Gesellschaftsvertrages bzw. der GmbH-Satzung entsteht die Vor-GmbH. Wird zwar eine GmbH-Gründung beurkundet, ist diese jedoch nicht wirksam, so bleibt das entstehende Gebilde im Stadium der Vorgründungsgesellschaft stecken. Gleiches gilt, wenn bei der GmbH-Gründung vollmachtlose Vertreter auftreten, deren Handeln nicht genehmigt wird. Es bleibt dann bei einer unbeschränkten Haftung der Gesellschafter dieser GbR/OHG.
Rz. 34
Die Vor-GmbH kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. In der Vor-GmbH haften den Gläubigern die Vor-GmbH sowie diejenigen, die für die Vor-GmbH handeln (sog. Handelndenhaftung gem. § 11 Abs. 2 GmbHG). Die Gesellschafter der Vor-GmbH haften aufgrund der sog. Verlustdeckungshaftung für alle Verluste der Vor-GmbH unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen, allerdings nur entspr. ihrem Anteil an der Vor-GmbH und nur gegenüber der GmbH (proratarische Innenhaftung). Unmittelbar gegenüber den Gläubigern i.S.e. Außenhaftung haften die Gesellschafter, wenn die Vor-GmbH keinen Geschäftsführer hat, nur einen Gesellschafter hat oder vermögenslos ist.
Aufgrund ihrer körperschaftlichen Struktur kann die Vor-GmbH im Rechtsverkehr ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen. Organschaftliche Vertreter sind ihre Geschäftsführer, die durch Mehrheitsbeschluss bestellt werden. Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht der Geschäftsführer werden nach h.M. durch den Zweck der Vorgesellschaft beschränkt. In der Lit. wird diese Beschränkung der Vertretungsmacht kritisiert, da der Zweck der Vorgesellschaft mit dem der später eingetragenen GmbH bereits deckungsgleich sei. Eine Erweiterung der beschränkten Vertretungsmacht und/oder Geschäftsführungsbefugnis sowie die Ermächtigung zur Aufnahme der Geschäfte kann aber durch alle Gesellschafter gemeinsam beschlossen werden.
Von der nach h.M. beschränkten Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsbefugnis erfasst werden die gesetzlichen Aufgaben der Geschäftsführer im Gründungsstadium, also alles, was mit der Einbringung der Leistungen auf die Geschäftsanteile und der Herbeiführung der Eintragung zu tun hat. Bei Sacheinlagen sind die Geschäftsführer zu deren ordnungsgemäßer Verwaltung und Erhaltung befugt. Wurde ein Unternehmen im Wege einer Sacheinlage eingebracht, umfasst die Vertretungsmacht auch die Ermächtigung zur Führung des Unternehmens, das bedeutet i.d.R. unbeschränkte Vertretungsmacht.
Die Rspr. des BGH zum unternehmensbezogenen Vertreterhandeln ist auch auf die Rechtsgeschäfte der Vorgründungs- und der Vor-GmbH anzuwenden. Der Wille der Beteiligten geht im Zweifel dahin, dass der Inhaber des Unternehmens, nicht jedoch die für das Unternehmen handelnde Person die Vertragspartei ist. Handelt demnach jemand für eine Vorgründungs- oder Vor-GmbH, wird diese im Zweifel auch dann verpflichtet, wenn – z.B. infolge einer Falschbezeichnung – nicht klar erkennbar ist, dass er für eine solche Gesellschaft handelt. Dies dürfte auch bei dem häufig in der Praxis vorkommenden Fall des Handelns im Namen der noch nicht existierenden GmbH gelten.
Rz. 35
Die Vor-GmbH wird mit Eintragung durch das Registergericht zur GmbH. Bei einer Unterbilanz zum Zeitpunkt der Anmeldung nimmt die ganz h.M. in Lit. und Rspr. ein Eintragungshindernis an. Hingegen ist derzeit noch streitig, ob eine durch Wertminderung eintretende Unterbilanz zum späteren Zeitpunkt der Eintragung ein Eintragungshindernis darstellt. Da man dann zum Zeitpunkt der Eintragung letztlich den Austausch der Einlageverpflichtung auf bare Einlageleistung durch eine bloße Forderung (Haftung) gegen den Gesellschafter akzeptieren würde, was i.Ü. GmbH-Recht streng untersagt ist, verweigern die Registerrichter daher die Eintragung bei Kenntnis eines Verlustes des Stammkapitals vor der Eintragung, der zu einer Unterbilanzhaftung führt, zu Recht. Bei begründeten Zweifeln am zumindest wertmäßigen Vorhandensein der Ei...