Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 713
Ist vor der Einlage eine Leistung an den Aktionär vereinbart worden, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage i.S.d. § 27 Abs. 4 AktG zu beurteilen ist, befreit diese gem. § 27 Abs. 4 AktG den Aktionär von seiner Einlageverpflichtung nur, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Eine solche Leistung oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der Handelsregisteranmeldung nach § 37 AktG ausdrücklich offenzulegen. Die Offenlegung ist echte Voraussetzung für die Erfüllung der Bareinlage durch Hin- und Herzahlen. Solange die AG oder die Kapitalerhöhung noch nicht im Register eingetragen ist, kann die Offenlegung nachgeholt werden. Weiter ist in der Handelsregisteranmeldung ein Werthaltigkeits- und Liquiditätsnachweis beizufügen, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 AktG vorliegen.
Hinweis
Die unterlassene Offenlegung ist strafbewährt (§ 399 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. AktG). Ebenso droht eine Strafbarkeit, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 AktG nicht gegeben sind, weil der Anspruch nicht in vollem Umfang werthaltig oder liquide ist. Für die Haftung des Beraters gilt hier dasselbe wie bei der verdeckten Sacheinlage.
Rz. 714
Gleichgestellt sind die Fälle, die "wirtschaftlich" einer Rückzahlung der Einlage entsprechen. Erfasst wird dabei zum einen der umgekehrte Fall, dass im Rahmen eines Her- und Hinzahlens von der Gesellschaft dem Aktionär zunächst ein Darlehen gewährt wird, wobei der Aktionär dann mit der Darlehensvaluta die Bareinlageleistung erfüllt oder, wenn eine Forderung des Aktionärs ggü. der AG zunächst getilgt und der erhaltene Betrag sodann ganz oder teilweise als Bareinlage zurückgezahlt wird. Erfasst wird aber auch z.B. die Sicherheitsgewährung aus dem Vermögen der Gesellschaft zugunsten des Inferenten für einen Bankkredit i.H.d. baren Einlageleistung.
Rz. 715
Ebenso zu beurteilen ist die Vergütung von Dienstleistungen. Soweit allerdings die Dienstleistung im Zeitpunkt der Einlageforderung schon erbracht wurde, liegt ein Vergütungsanspruch des Inferenten gegen die Gesellschaft vor, der sacheinlagefähig ist (§ 27 Abs. 3 AktG). I.Ü. ist danach zu unterscheiden, ob die Einlage zunächst an die Gesellschaft geleistet wird und anschließend an den Inferenten zurückfließt (als Entgelt für die Dienstleistung; Hin- und Herzahlen) oder umgekehrt (Her- und Hinzahlen). Da Dienstleistungen nicht sacheinlagefähig sind, findet letztlich nur eine nachträgliche Missbrauchskontrolle statt. Eine der Erfüllung der Einlageschuld entgegenstehende Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 4 AktG liegt nur dann vor, wenn die Geldeinlage für die Bezahlungen der Dienstleistungen reserviert wurde (keine freie Verfügbarkeit) oder eine verdeckte Finanzierung der Geldeinlage durch die Gesellschaft in Form eines Her- und Hinzahlens erfolgt. Dies ist jedoch dann nicht anzunehmen, wenn eine tatsächlich erbrachte Dienstleistung abgegolten wird, die Vergütung einem Drittvergleich standhält die Leistung aus Sicht der Gesellschaft nicht wertlos ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, stellt die Verwendung der Einlage einen Fall des § 27 Abs. 4 AktG dar. Wegen des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" kommt eine Tilgung nicht in Betracht und zwar auch dann, wenn die erbrachte Dienstleistung zwar werthaltig, nicht aber insgesamt vollwertig war.
Rz. 716
Voraussetzung für § 27 Abs. 4 AktG ist, dass die Vereinbarung einer solchen Leistung "vor der Leistung" erfolgt sein muss. Eine Rückzahlung ohne entsprechende Vereinbarung fällt nicht darunter. Die Erfüllungswirkung der ursprünglich auf die Einlageschuld getätigten Bareinzahlung tritt nur ein, wenn (und nicht "soweit") diese an den Aktionär zurückgewährte Leistung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Der Gesetzgeber fordert dabei eine bilanzielle Betrachtungsweise, sodass man auf eine zu 100 % aktivierungsfähige Forderung abstellen muss. Weiter muss der Rückgewähranspruch jederzeit fällig sein oder fällig gestellt werden können. Entscheidender Zeitpunkt für die Vollwertigkeit ist die Mittelausreichung. Verschlechtert sich die Liquidität der Gesellschaft nachträglich, kann den Vorstand eine Rückforderungspflicht treffen, deren Verletzung zu einer Haftung nach §§ 92, 93 AktG führt. Das Registergericht kann Nachweise über die Liquidität und Vollwertigkeit des Rückgewährsanspruchs verlangen.
Rz. 717
Liegen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 AktG vor, kommt es zu einer echten Erfüllung und nicht nur wie bei der verdeckten Sacheinlage zu einer wertmäßigen Anrechnung. Fehlt es hingegen an der Vollwertigkeit oder an den Anforderungen zur Fälligkeit der Rückzahlungsforderung, liegt keine wirksame Erfüllung der Einlageschuld vor. § 27 Abs. 4 AktG geht von einem "Alles-oder-Nichts-...