Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Allgemeines
Rz. 2378
Das in Art. 16b GesRRL-E geregelte EUCC soll als Gesellschaftsbescheinigung für die in ihm zwingend aufgeführten Inhalte zu Kapital- und Personenhandelsgesellschaften fungieren: Nach Art. 16b Abs. 1 -3 GesRRL-E gehören zu diesen Inhalten insbesondere die Gründung und der Fortbestand der Gesellschaft und die wesentlichen Gesellschaftsinformationen (Name, Rechtsform, Sitz) sowie die Angabe der organschaftlichen Vertreter und ihrer Vertretungsbefugnisse. Das EUCC ist dem Aktuellen Abdruck des Handelsregisters nachgebildet und soll verlässlich und "auf einen Blick" alle wesentlichen Gesellschaftsinformationen aufdecken. Es dient dabei als "schlüssiger Nachweis" für diese Angaben, d.h. mangels Anhaltspunkten, die gegen die sachliche Richtigkeit der im EUCC enthaltenen Informationen sprechen, ist das EUCC als hinreichender Nachweis für die in ihm enthaltenen Angaben zu akzeptieren. Wie bei einem Handelsregisterauszug oder einer Registerbescheinigung ist dabei der Zeitpunkt der Ausstellung des EUCC für seine Beweiswirkung entscheidend. Denn diese bezieht sich nach Art. 16b Abs. 1 Satz 2 GesRRL-E ausdrücklich nur auf den Ausstellungszeitpunkt des EUCC. Das wird es den beteiligten Gerichten, Behörden und Notaren ermöglichen, sich auf das EUCC für einen begrenzten Zeitpunkt nach dessen Ausstellung zu verlassen, aber nicht darüber hinaus. In Anlehnung an § 15 Abs. 2 Satz 2 HGB kann von einer fortdauernden Beweiswirkung innerhalb von 15 Tagen nach dem Ausstellungszeitpunkt ausgegangen werden.
Rz. 2379
Das EUCC wird Transaktionskosten im Europäischen Gesellschaftsrecht senken. Denn für die Verfahren im Anwendungsbereich der DRL II enthält das EUCC die wesentlichen Informationen und weist diese nach. Insbesondere dort wo eine Registerbescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO mangels Funktionsäquivalenz der Register nicht möglich ist, ersparen sich die Beteiligten aufwändige und kostspielige Gutachten, die ggf. übersetzt und mit Apostille(n) zu versehen sind. Das EUCC ist nach Art. 16e Abs. 2 GesRRL-E von der Apostille befreit, sofern es die Voraussetzungen nach Art. 16b Abs. 6 GesRRL-E (für die elektronische Form) bzw. nach Art. 16b Abs. 7 GesRRL-E (für die Papierform) erfüllt. Zudem ist das EUCC von den Mitgliedstaaten nach Art. 16f Abs. 1 GesRRL-E von der Übersetzungspflicht zu befreien.
bb) Das EUCC als Vertretungsnachweis
Rz. 2380
Aus dem Richtlinientext wird allerdings nicht hinreichend klar, wie die konkret die Vertretungsberechtigung der vertretungsberechtigten Personen einer Gesellschaft anzugeben sind. Art. 16b Abs. 2 (k) GesRRL-E fordert lediglich die Angabe, ob Einzel- oder gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis besteht. Art. 16b Abs. 2 (k) ist insoweit unklar, da bei gesamtvertretungsberechtigten Personen nicht eindeutig geregelt ist, in welcher Weise sie mit anderen vertretungsberechtigten Personen vertreten dürfen. Auch sollten etwaige Beschränkungen der Vertretungsbefugnis sowie deren Erweiterungen (Befreiung von § 181 BGB) angegeben werden müssen. Hier sollte unbedingt das von der Kommission nach Art. 16b Abs. 8 GesRRL-E zu veröffentlichende Muster für die Praxis Klarheit schaffen.
cc) Abruf des EUCC
Rz. 2381
Das EUCC soll nach Art. 16b Abs. 4 GesRRL-E vom Register der Gesellschaft nach Antrag in Papier- oder elektronischer Form ausgestellt werden und über das BRIS abrufbar sein. Grds. soll das EUCC in elektronischer Form kostenfrei erteilt werden, soweit dies keine erheblichen Auswirkungen auf die Finanzierung der mitgliedstaatlichen Register hat; jedenfalls aber sollen Gesellschaften ein EUCC einmal pro Jahr kostenfrei erhalten können (Art. 16b Abs. 5 GesRRL-E). Auch das Register im Zielmitgliedstaat wird das EUCC über das BRIS abrufen können und soll es an andere Stellen, etwa Notaren, weiterleiten, die mit der grenzüberschreitenden Transaktion befasst sind (s. etwa Art. 13g Abs. 2a GesRRL-E). Für die Praxis wird entscheidend sein, dass diejenigen Stellen, die auf aktuelle und verlässliche Unternehmensinformationen angewiesen sind, zügig an das EUCC über das BRIS oder direkt im Ausgangsregister gelangen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte das EUCC in jedem Register der Mitgliedstaaten tagesaktuell abruf- und einsehbar sein, entsprechend dem Aktuellen Abdruck des Handelsregisters. Die Zirkulation des EUCC in Papier- oder elektronischer Form erübrigte sich dann. Gleichzeitig müsste sich der Rechtsverkehr nicht auf nicht mehr tagaktuelle EUCC verlassen. Wie der Abruf des Aktuellen Abdrucks, sollte jedenfalls die elektronische Ausstellung des EUCC kostenlos erfolgen.
dd) Die Zurückweisung des EUCC im Einzelfall
Rz. 2382
Da das EUCC als schlüssiger Nachweis für die in ihm ausgewiesen Umstände zu akzeptieren ist, muss es von den zuständigen Stellen im Zielmitgliedstaat zurückgewiesen bzw. müssen weitere Dokumente und I...