Rz. 485

Als ein der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter vergleichbares Vorgehen i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird auch der Fall eingeordnet, dass ein Nichtgesellschafter der GmbH ein Darlehen gewährt und der Gesellschafter hierfür eine Sicherheit bestellt. Um im Insolvenzfall die vorrangige Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit sicherzustellen hat der Gesetzgeber § 44a InsO eingefügt, der die bis 2008 in § 32a Abs. 2 GmbHG a.F. enthaltene Regelung, wonach ein Dritter, der der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hatte, für das ein Gesellschafter eine Sicherheit bestellt oder für das er sich verbürgt hatte, nur insoweit Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen kann, als er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist, aufnimmt.

Die bisher nicht enthaltene Formulierung "nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO" spricht dafür, die ohnehin nur anteilsmäßige Befriedigung (insoweit der Gläubiger bei der Inanspruchnahme der Sicherheit ausgefallen ist) auch erst als nachrangige Forderung zu befriedigen.

Der Fall der Doppelbesicherung durch Gesellschafter und Gesellschaft war bisher nicht geregelt. Dem Gesellschaftsgläubiger stand nach altem Recht ein Wahlrecht hinsichtlich seiner Befriedigung zu. Das Prozessrisiko beim Rückgriff der Gesellschaft gegen den Gesellschafter trug im Zweifel die Insolvenzmasse. Die Ausnahmevorschrift des § 32b Abs. 2 GmbHG war auf den Fall der Doppelbesicherung nicht anwendbar.[1614] Gleiches gilt nach Inkrafttreten des MoMiG, denn der BGH hat die Einschränkung des Wahlrechts des doppelt gesicherten Gläubigers entspr. § 44a InsO abgelehnt,[1615] da dies einen erheblichen Eingriff in die Rechtsstellung des absonderungsberechtigten Gläubigers darstelle, für den es einer eindeutigen gesetzlichen Regelung bedürfe.

Verwertet der Insolvenzverwalter im Fall der Doppelbesicherung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gesellschaftssicherheit und kehrt den Veräußerungserlös an den Darlehensgläubiger aus, so ist der Gesellschafter analog § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Erstattung dieses Betrags zur Insolvenzmasse verpflichtet.[1616] Gleiches gilt, wenn der Gläubiger in Absprache mit dem Gesellschafter vor Rückführung der Gesellschaftsschuld durch die Insolvenzschuldnerin innerhalb eines Jahres vor Insolvenzantrag oder danach auf die Gesellschaftersicherheit verzichtet.[1617] Denn ein solcher Erlassvertrag hat nur im Verhältnis zwischen Gläubiger und Gesellschafter Wirkung und lässt den Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen den Gesellschafter aus §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO unberührt. Die Gesellschaftersicherheit muss nach der gesetzgeberischen Wertung im wirtschaftlichen Ergebnis vorrangig verwertet werden. In der Konsequenz aus der Rspr. des OLG Stuttgart[1618] müsste dies m.E. auch für den sehr praxisrelevanten Fall gelten, dass zwischen Gläubiger und Gesellschafter die nachrangige Haftung der Gesellschaftersicherheit vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung dürfte eine unzulässige Umgehung der insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO zur primären Inanspruchnahme des Gesellschafters darstellen.

Führt die Gesellschaft einen von ihrem Gesellschafter besicherten Kontokorrentkredit zurück, kann die dadurch bedingte Befreiung von der Sicherung gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden.[1619]

Auch wer für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen eine Sicherung übernimmt und später Gesellschafter wird, unterliegt der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO.[1620]

Das LG Kleve[1621] hatte mit Urt. v. 3.3.2015 entschieden, dass ein Anspruch gegen den Gesellschafter analog § 143 Abs. 3 InsO nicht besteht, wenn sich ein Gesellschafter gegenüber einem Dritten für eine Verbindlichkeit seiner GmbH verbürgt, zugleich die GmbH dem Dritten eine Sicherheit für die Verbindlichkeit bestellt und der Dritte dem Gesellschafter dann vor der Insolvenzeröffnung die Bürgschaftsschuld erlässt woraufhin die von der Gesellschaft gestellte Sicherheit verwertet wird. Der Erlass der Bürgschaftsschuld durch den Dritten sei, so das LG, keine analog § 135 Abs. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Dem hat das OLG Düsseldorf[1622] in der Berufungsinstanz jedoch unter Anlehnung an die bisherige Rspr. des BGH widersprochen und festgehalten, dass bei Befriedigung einer am Gesellschaftsvermögen und am Vermögen eines Gesellschafters gesicherten Forderung eines Darlehensgläubigers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft durch Verwertung der Gesellschaftssicherheit, ein Erstattungsanspruch der Insolvenzmasse in entspr. Anwendung des § 143 Abs. 3 InsO in Betracht komme. Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass nach der gesetzgeberischen Wertung nach wie vor im wirtschaftlichen Ergebnis vorrangig die Gesellschaftersicherheit verwertet werden müsse und dass es dieser Wertung des Gesetzgebers widerspräche, wenn der Gesellschafter von dem Rückgriffsanspruch aus §§ 143 Abs. 3, 135 Abs. 2 InsO (analog) dadurch befreit werden...

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