Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Nachgründung
Rz. 707
Findet innerhalb der ersten 2 Jahre nach Gründung der AG eine Sachkapitalerhöhung oberhalb der Grenzen des § 52 Abs. 1 AktG, sind nach h.M. zusätzlich die Nachgründungsvorschriften zu beachten. Dies gilt gleichermaßen, wenn das verdeckte Sacheinlagengeschäft in den Nachgründungszeitraum fällt und die Grenzen des § 52 AktG überschritten werden. Entscheidend ist die zeitliche Abfolge. § 52 AktG setzt voraus, dass die schuldrechtliche Vereinbarung der verdeckten Sacheinlage nach Eintragung der AG im Handelsregister erfolgt ist. Auf die Vornahme des Verfügungsgeschäfts kommt es nicht an. Erbringt der Inferent seine Bareinlage und fließt der Einlagebetrag aufgrund einer noch vor Eintragung der Gesellschaft getroffenen Abrede über die verdeckte Sacheinlage an den Inferenten zurück, scheidet § 52 AktG aus. Es gilt allein § 27 Abs. 3 AktG. Die Rechtsgeschäfte sind wirksam. Es findet eine Anrechnung statt. Ist die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Vereinbarung schon im Register eingetragen, gilt allein § 52 AktG. In bestimmten Fällen hängt es somit vom Zufall ab, ob ein verdecktes Einlagengeschäft wirksam ist und eine Anrechnung in Betracht kommt oder, ob das Rechtsgeschäft wegen Verstoß gegen § 52 AktG unwirksam ist. § 52 AktG wird nicht durch § 27 Abs. 3 AktG verdrängt.
bb) Sachübernahmen
Rz. 708
Offen sind die Rechtsfolgen einer fehlenden Satzungspublizität für Sachübernahmen. § 27 Abs. 3 AktG gilt nur bei verdeckten Sacheinlagen. Eine Parallele zum GmbH-Recht besteht nicht, da es dort keine Vorschriften zur Sachübernahme gibt. Denkbar ist, dass auch bei einer "verdeckten Sachübernahme" ebenso wie bei einer verdeckten Sacheinlage eine Anrechnung analog § 27 Abs. 3 AktG erfolgt, mithin also die Verträge und Rechtshandlungen wirksam sind. Nach a.A. führe die fehlende Offenlegung der Sachübernahme in der Satzung dagegen analog zur Rechtslage bei der GmbH zur Unwirksamkeit der Abrede über die Sachübernahme.
cc) Nicht ordnungsgemäß offengelegte (gemischte) Sacheinlage
Rz. 709
Die Anrechnungslösung des § 27 Abs. 3 AktG gilt ebenso, wenn das Vorliegen einer Sacheinlage nicht verdeckt wird, die nach §§ 27 Abs. 1, 183 Abs. 1, 194 Abs. 1 AktG besonderen Festsetzungen aber nicht vollständig erfüllt werden. Von Bedeutung ist dies namentlich bei einer gemischten Sacheinlage, bei der die über die Gewährung neuer Anteile hinausgehende Vergütungsleistung nicht offengelegt wird. Auch hier entsteht eine Bareinlageschuld, auf die der Wert der Sacheinlage anzurechnen ist, denn es wäre widersprüchlich, den Inferenten einer vollständig verdeckt eingebrachten Sacheinlage ggü. demjenigen zu privilegieren, der die Sacheinlage nicht verdeckt, sondern offen einbringt, dabei aber nicht vollständig die erforderlichen Angaben zur Sacheinlage macht.
dd) Sachkapitalerhöhung, bedingtes/genehmigtes Kapital
Rz. 710
Weitere Folgeänderungen finden sich in den Vorschriften über die Sachkapitalerhöhung, über das bedingte und genehmigte Kapital. Hier gelten ebenso die Vorschriften über die Anrechnung der verdeckten Sacheinlage und das ordnungsgemäße Hin- und Herzahlen des § 27 Abs. 3 und Abs. 4 AktG (§§ 205 Abs. 3, 194 Abs. 2 AktG). Weiter führt die verdeckte Sacheinlage bei der bedingten Kapitalerhöhung nicht zu einer unrichtigen Anmeldung, da die Anmeldung nach § 201 AktG anders als § 37 AktG keine Aussagen zu den geleisteten Einlagen zum Gegenstand hat.
ee) Stimmrecht
Rz. 711
Nach § 134 Abs. 2 Satz 2 AktG ist bei einer verdeckten Sacheinlage das Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Wertunterschied zwischen Anrechnung und noch offener Einlageschuld offensichtlich ist. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf die offensichtlich fehlende Werthaltigkeit beruft. Was mit dem Begriff des "offensichtlichen" Wertunterschieds gemeint ist, ist unklar. Hier wird vorgeschlagen, dass die Satzung nach § 134 Abs. 2 Satz 2 AktG eine abweichende Regelung zum Beginn des Stimmrechts trifft. Allerdings gilt diese Regelung wegen ihrer Bezugnahme auf Mindesteinlagen nur bei Bareinlagen. Str. ist, ob sie auch auf (verdeckte) Sacheinlagen anzuwenden ist. Zweifelsfrei ist die Rechtslage daher nur dann, wenn diese Unsicherheit durch Heilung der verdeckten Sacheinlage bereinigt wird.