Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Form
Rz. 580
Wesentlich bei der Gründung einer AG sind die Abfassung des Gründungsprotokolls und die Feststellung der Satzung (§ 23 AktG). Erforderlich ist nach § 23 Abs. 1 AktG die notarielle Beurkundung. Die Satzungsfeststellung stellt den Abschluss des Gesellschaftsvertrages dar. Erforderlich ist eine Beurkundung in der Form der Beurkundung von Willenserklärungen nach §§ 8 ff. BeurkG. Eine Beurkundung nach § 36 BeurkG (Tatsachenbeurkundung) ist bei der Gründung unzulässig. Die gleichzeitige Anwesenheit der Gründer ist nicht erforderlich. Ihre Beitrittserklärungen können nacheinander vor dem Notar abgegeben werden, der hierüber ein einheitliches Protokoll fertigt. Mit der letzten Unterzeichnung ist die Satzung wirksam festgestellt.
Rz. 581
Eine Online-Beurkundung der Gründung ist nach derzeitiger Rechtslage im Aktienrecht nach § 16a Abs. 1 BeurkG (noch) unzulässig. Eine Vorschrift analog zum GmbH-Recht wie in § 2 Abs. 3 GmbHG fehlt bislang.
Rz. 582
Soll die Satzung im Ausland festgestellt werden, gilt das Beurkundungserfordernis nach deutschem Gesellschaftsrecht, wenn die Gesellschaft ihren Sitz im Inland haben soll. Maßgeblich ist das sog. "Gesellschaftsstatut" bzw. "Wirkungsstatut", dessen Anknüpfungspunkt der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung ist. Das im Hinblick auf Art. 11 EGBGB auch die Ortsform genügt, erscheint denkbar. Der BGH hat sich zu dieser Ansicht jedoch zurückhaltend geäußert. Auch die Lit. erachtet die Ortsform nach Art. 11 EGBGB grds. nicht für ausreichend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 11 Rom I-VO, da diese nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. f) Rom I-VO auf Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht nicht anzuwenden ist.
Rz. 583
Die Beurkundung im Ausland durch einen deutschen Notar ist stets unzulässig und führt zur Formnichtigkeit nach § 125 BGB. Statthaft ist jedoch die Beurkundung durch einen deutschen Konsul (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 KonsularG).
Rz. 584
Ob die danach erforderliche notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags auch durch einen ausländischen Notar erfolgen kann, ist bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Vergleichbar ist die Rechtslage zur Gründung einer GmbH. Die Formvorschriften sind insoweit für beide Gesellschaftsformen identisch.
Rz. 585
Der BGH bejaht seit langem die Wirksamkeit der Gründung einer GmbH bzw. die Geschäftsanteilsabtretung durch einen Zürcher Notar. Entscheidend sei, dass die Stellung des Zürcher Notars als auch das nach dem ausländischen Recht anzuwendende Beurkundungsverfahren der deutschen Beurkundung gleichwertig sei. Ob diese Entscheidung auch heute noch so ergehen würde, erscheint jedoch zweifelhaft, denn das Zürcher Beurkundungsverfahren weicht entscheidend vom deutschen Beurkundungsverfahren ab. Es gibt dort keine Pflicht zur Verlesung der Urkunde.
Rz. 586
Ebenso hält der BGH die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste durch einen Baseler Notar nach einer Anteilsabtretung für zulässig.
Rz. 587
Schließlich bejaht der BGH auch die Zulässigkeit der Beurkundung einer Hauptversammlung einer deutschen AG im Ausland (Schweiz). Voraussetzung für die Anerkennung der ausländischen Beurkundung ist, dass sie der deutschen Beurkundung gleichwertig ist. Dies sei der Fall, wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübe und für die Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten habe, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspreche. Die Anwesenheit eines Notars möge zwar "außerdem" dazu beitragen, dass Gesetz und Statut sorgfältiger beachtet würden. Ein ausländischer Notar sei mit dem deutschen Aktienrecht möglicherweise weniger vertraut. Hauptzweck der Protokollierung sei aber "die Sicherung eines rechtlich geordneten Verfahrensablaufs jedoch nicht". Die Beurkundung sei auf einzelne Tatsachen des Ablaufs der Versammlung beschränkt; der Notar habe keine Leitungs-, Aufsichts- oder Eingriffsbefugnisse. Die Gleichwertigkeit der Beurkundung sei auch nicht wegen der Prüfungs- und Belehrungspflichten des deutschen Notars ausgeschlossen. Die Beurkundung der Hauptversammlung sei nur eine sonstige Beurkundung über die Wahrnehmung des Notars (§ 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeurkG), für die keine Prüfungs- und Belehrungspflichten gem. § 17 BeurkG gelten würden.
Rz. 588
Demgegenüber verneinte das AG Charlottenburg mangels Gleichwertigkeit die Anerkennung der Auslandsbeurkundung der Gründung einer GmbH im Kanton Bern/Schweiz.
Rz. 589
Zu den tragenden Prinzipien des deutschen Beurkundungsrechts gehöre das vollständige Verlesen der Urkunde gem. § 13 Abs. 1 BeurkG. Das im Kanton Bern in der Schweiz zu beachtende Beurkundungsverfahren sehe eine solche vollständige Verlesung nicht vor.
Rz. 590
Eine freiwillige Verlesung der gesamten Urkunde durch den ausländischen Notar genüge nicht. Es komme abstrakt darauf an, dass der ausländische Notar nach der geltenden Verfahr...