Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2366
Insgesamt ist die Einbeziehung der Personenhandelsgesellschaften in den Anwendungsbereich der GesRRL zu begrüßen, da sie zu mehr Rechtssicherheit führt und über die gesteigerte Transparenz sowie das EUCC grenzüberschreitende Transaktionen und Verfahren erleichtern wird. Allerdings hätte der Richtliniengeber bei der Kontrolle und Transparenz bei Personenhandelsgesellschaften ambitionierter auftreten sollen. Die Ausnahmen bei der öffentlichen Präventivkontrolle in Art. 10 Abs. 3 GesRRL und der Offenlegung des Gesellschaftsvertrags nur vorbehaltlich nationalen Rechts in Art. 14a lit. g) GesRRL-E sollten bei der nächsten Revision des Europäischen Gesellschaftsrechts aus verschiedenen Gründen gestrichen werden.
Rz. 2367
Dafür spricht zunächst das Ziel einer effektiven Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, welche die Aufdeckung und Verifizierung von Eigentums- und Kontrollstrukturen und damit des wirtschaftlichen Eigentums ermöglicht. Im Einklang mit den FATF-Empfehlungen zur Transparenz hinsichtlich des wirtschaftlichen Eigentums gilt für die Verifizierung des wirtschaftlichen Eigentums ein mehrgliedriger Ansatz (sog. multi-prong approach), wonach sich ein Verpflichteter bei der Verifizierung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer nicht auf eine einzelne Informationsquelle stützen darf, etwa allein die Eintragung im Transparenzregister. Das wirtschaftliche Eigentum bemisst sich bekanntlich nicht nur nach der Kapitalbeteiligung, sondern auch nach Kontrollrechten, die häufig im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Das neue EU-Antigeldwäscherecht wird erfordern, dass sich der geldwäscherechtlich Verpflichtete nur auf Angaben aus unabhängigen und verlässlichen Quellen verlassen darf. Das aber erfordert die Offenlegung des geprüften Gesellschaftsvertrags im Handelsregister.
Rz. 2368
Auch sollte der Mindeststandard der öffentlichen Präventivkontrolle grds. nicht zwischen Kapital- und Personenhandelsgesellschaften unterscheiden. Das folgt schon daraus, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nach der DRL II bei beiden Gesellschaftsformen unbedingt gelten soll. Dann aber können bei der Prüfung von Personenhandelsgesellschaftsdaten keine Abstriche gemacht werden, denn die Verlässlichkeit der Registerdaten ist die Grundvoraussetzung für deren grenzüberschreitende Anerkennung. Die Prüfung allein etwa der wenigen Informationen in der Handelsregisteranmeldung ist unzureichend für eine vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle. Es dürfte sonst gerade in (vermeintlich) mündlich errichteten Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat aufgrund eines niedrigeren Kontrollstandards eingetragen werden und deren Daten dann bedingungslos in einem anderen anzuerkennen wären, ein deutlich größeres Missbrauchsrisiko für illegale Zwecke und eine Gefahr für die Registerverlässlichkeit als bei Kapitalgesellschaften liegen. Das gilt umso mehr, als in der Praxis ohnehin die weit überwiegende Mehrzahl an Gesellschaftsverträgen zumindest in Schriftform abgeschlossen werden dürften.
Rz. 2369
Ein letzter wichtiger Aspekt ist zu beachten: Die fehlende Pflicht zur Veröffentlichung des Gesellschaftsvertrages und seiner Änderungen ermöglicht nicht nur die missbräuchliche Umgehung von Transparenzpflichten hinsichtlich des wirtschaftlichen Eigentums. Sie ermöglicht auch die Umgehung von Gläubigerschutzvorschriften, von Arbeitnehmerrechten, von Rechten von Geschäftspartnern und erleichtert die Verschleierung wesentlicher Informationen gegenüber den Finanzbehörden. Denn ohne veröffentlichten Gesellschaftsvertrag ist es ein Leichtes, diesen auf den jeweiligen Adressaten hin "anzupassen". Zu mehr öffentlicher Präventivkontrolle und Transparenz bei Personenhandelsgesellschaften tendiert der Unionsgesetzgeber selbst, denn an gleich zwei Stellen in der Revisionsklausel des Art. 4 der Digitalisierungsrichtlinie 2.0 erhält die Kommission den Auftrag, die Erforderlichkeit von mehr Transparenz im Europäischen Gesellschaftsrecht zu prüfen, einmal bei Art. 4 Abs. 2 (ca) allgemein ("need for further transparency") sowie sogar speziell in Bezug auf die Ausnahme für Personenhandelsgesellschaften in Art. 4 Abs. 2 cc) bezüglich der Offenlegung des Gesellschaftsvertrags.