Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 462
In der Praxis von besonderer Bedeutung ist die Besicherung einer Verbindlichkeit des Gesellschafters gegenüber einem Dritten durch die Gesellschaft. Relevant wird dies regelmäßig bei Unternehmenstransaktionen – sei es bei Erwerb der GmbH durch den Fremdgeschäftsführer (sog. Management Buy Out) oder in Private Equity-Transaktionen. Aus unterschiedlichen Gründen – im ersten Fall zumeist mangelnde Liquidität, im zweiten zur Erzielung eines Leverage-Effekts – werden signifikante Teile des Kaufpreises fremdfinanziert. Zur Absicherung der Ansprüche des Fremdkapitalgebers werden hier oftmals nicht lediglich die Geschäftsanteile verpfändet, sondern auch weitere Sicherheiten durch die Gesellschaft selbst gestellt. Während die Beurteilung der Sicherheitengewährung in der Lit. umstritten ist, liegt nach der Rspr. des BGH – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – dann eine verbotene Auszahlung i.S.v. § 30 Abs. 1 GmbHG vor, wenn der Gesellschafter nicht in der Lage sein wird, die Gesellschaft bei Fälligkeit von der Inanspruchnahme der Sicherheit freizustellen. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine bilanzielle Betrachtungsweise habe das Darlehen im Blick gehabt, das im Gegensatz zu Sicherheitenbestellung sofort bilanzwirksam werde. Daher müsse dies im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise verstanden und die Sicherheitenbestellung auch als Auszahlung erfasst werden. Bei Beurteilung der Werthaltigkeit des Freistellungsanspruchs ist die ex ante Betrachtung im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit maßgeblich; spätere Verschlechterungen sind insoweit irrelevant.
Findet in Unternehmenstransaktionen der fremdfinanzierte Anteilserwerb durch eine Gesellschaft, die eigens für den Erwerb des Unternehmens gegründet wurde und über sonstiges Vermögen nicht verfügt, so sind die der Finanzierung zugrundeliegenden Annahmen (sog. Bank Case) auch unter dem Gesichtspunkt einer verbotenen Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG zu betrachten: nur wenn die Erwerbergesellschaft in der Lage sein wird, aus dem Cashflow der GmbH genügend Ausschüttungen an sich vorzunehmen, um die vorgesehenen Zins- und Tilgungszahlungen zu erbringen, ist der Sicherungsfall unwahrscheinlich und ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG aufgrund der Sicherheitenbestellung scheidet aus. Die Berater und der Notar müssen auf eine mögliche Verletzung des § 30 GmbHG in dieser Situation hinweisen. Für den Geschäftsführer, der für die kaufende Gesellschaft oder für sich selbst die Sicherheit bestellt, ist diese Entscheidung von ebenso großer Bedeutung wie auch für die Verkäuferseite: denn häufig bittet der Käufer den Verkäufer unmittelbar im Zusammenhang mit der Beurkundung noch um Mitwirkung bei der Sicherheitenbestellung. Hier setzt sich der Verkäufer bzw. der Geschäftsführer des Verkäufers Regressrisiken aus.
In der Praxis verbreitet ist die Aufnahme einer sog. limitation language, d.h. von Regelungen, die eine Inanspruchnahme aus der Sicherheit für den Fall eines Eingriffs in das gebundene Vermögen ausschließt.
Auch der umgekehrte Fall, die Besicherung einer Forderung des Gesellschafters gegen einen Dritten durch die Gesellschaft, kann eine gegen § 30 GmbHG verstoßende Auszahlung darstellen.