Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 719
§ 27 Abs. 4 AktG hat v.a. Bedeutung für einen Cash-Pool. Beim physischen Cash-Pool oder Zero-Balancing werden die Salden auf den Konten der beteiligten Gesellschaften (regelmäßig Konzerngesellschaften) auf das regelmäßig bei der Konzernmutter geführte Zentralkonto übertragen. Hieraus resultiert dann entweder eine Forderung der Tochter ggü. der Mutter oder umgekehrt eine Forderung der Mutter gegen die Tochter. Werden Forderungen der Mutter ggü. der Tochter zurückbezahlt bzw. im Cash-Pool verrechnet, handelt es sich letztlich um die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen. In der Insolvenz der Tochter droht eine Anfechtung nach § 135 InsO. Diese Anfechtbarkeit der Rückzahlung absteigender Darlehen stellt ein erhebliches Risiko im Cash-Pool dar.
Rz. 720
Probleme bestehen beim Cash-Pool auch unter dem Aspekt der Kapitalaufbringung. Beteiligt sich die Mutter an einer Barkapitalerhöhung der Tochter und wird der Kapitalerhöhungsbetrag auf ein in den Cash-Pool einbezogenes Konto geleistet, liegt entweder ein Hin- und Herzahlen nach § 27 Abs. 4 AktG (wenn das Konto der Tochter bei der Mutter im Haben ist; eine Forderung der Mutter gegen die Tochter, die als Sacheinlage eingebracht werden könnte, gibt es nicht) oder eine verdeckte Sacheinlage nach § 27 Abs. 3 AktG (das Konto bei der Mutter ist im Soll; die Forderung der Mutter gegen die Tochter könnte als Sacheinlage eingebracht werden) vor. Da die Einlageleistung aufgeteilt werden kann, ist schließlich auch denkbar, dass teilweise eine verdeckte Sacheinlage und teilweise ein Hin- und Herzahlen gegeben ist (das Konto der Tochter bei der Mutter ist nur teilweise im Soll).
Dabei stellt sich der Inferent bei der verdeckten Sacheinlage im Ergebnis besser als beim Hin- und Herzahlen. Nur bei der verdeckten Sacheinlage gibt es eine Anrechnung auf die Bareinlage, mit der der Inferent frei wird. Bei dem Hin- und Herzahlen gilt das Prinzip "Alles oder Nichts". Entscheidend kommt es also auf die Solvenz der Tochter an.
Rz. 721
Beim Cash-Pool ändern sich die Konten tagesweise. Damit lässt es sich nur ex post feststellen, welche der beiden Varianten gegeben ist. Dies ist für notwendigerweise ex ante vorzunehmende Gestaltungen keine brauchbare Grundlage. Problematisch ist weiter, dass es beim Hin- und Herzahlen für die schuldtilgende Wirkung auch darauf ankommt, dass der Cash-Pool jederzeit fristlos und ohne Angaben von Gründen kündbar und der Rückforderungsanspruch vollwertig sein muss (hier kommt es auf die Solvenz der Konzernmutter an, die den Cash-Pool führt). Diese Vollwertigkeit muss von der Geschäftsführung der Tochter ständig überprüft werden. Schließlich ist Voraussetzung für die Erfüllung der Einlageschuld beim Hin- und Herzahlen die Offenlegung in der Handelsregisteranmeldung. Diese Voraussetzungen für die Einlagenerfüllung beim Hin- und Herzahlen sind beim Cash-Pool nicht handhabbar. Beim Cash-Pool kann daher nur empfohlen werden, Einlageleistungen nicht auf ein in das Cash-Pool-System einbezogene Konten zu erbringen.