Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 344
Die GmbH ist wie die Vor-GmbH als juristische Person und Handelsgesellschaft insolvenzfähig. Dies ist sie auch dann noch, wenn die Gesellschaft schon aufgelöst, ihr Vermögen aber noch nicht verteilt ist (§ 11 Abs. 1, 3 InsO) oder wenn es sich um eine fehlerhafte Gesellschaft handelt.
Im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung besteht die Pflicht, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Diese Pflicht obliegt nach § 15a InsO grds. den Geschäftsführern bzw. Liquidatoren. Hat die Gesellschaft keinen Geschäftsführer, ist auch jeder Gesellschafter zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet, es sei denn, er hat von der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis, § 15a Abs. 3 InsO. Ausreichend für den Wegfall der Antragspflicht ist demnach, dass der Verpflichtete nur eines der beiden Merkmale, also entweder den Insolvenzantragsgrund oder die Führungslosigkeit der Gesellschaft nicht kannte. Die Beweislast dafür trifft die Gesellschafter, die daher im Streitfall darlegen müssen, dass ihnen keine Umstände bekannt waren, die sie zum Schluss auf das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale hätten veranlassen müssen. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es ausdrücklich nicht erwünscht, dass die Gesellschafter zu ausufernden Nachforschungen verpflichtet werden sollen. Allerdings, so ebenfalls die Gesetzesbegründung mit einigem Nachdruck, werden sich die Gesellschafter bei Kenntnis vom Vorliegen eines Insolvenzgrundes veranlasst sehen, zu hinterfragen, warum das vertretungsberechtigte Führungsorgan der Antragspflicht nicht nachkommt. Dann wird die Führungslosigkeit offenbar werden. Ebenso liegt der umgekehrte Schluss nahe: Kennen die Gesellschafter die Führungslosigkeit der GmbH, sollen sie sich veranlasst sehen, die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zu überprüfen. § 15a Abs. 3 InsO erfasst die Fälle der fahrlässigen Unkenntnis der Führungslosigkeit nicht. Ist also ein Geschäftsführer noch juristisch im Amt, aber z.B. tatsächlich nicht aktiv oder unbekannten Aufenthalts, so sind die Gesellschafter weder berechtigt noch verpflichtet Insolvenzantrag zu stellen.
Rz. 345
Bei Kleingesellschaftern, die mit weniger als 10 % beteiligt sind, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die keinen oder nur geringen Anlass haben, sich Gedanken über das Vorliegen eines Insolvenzgrundes oder über die Führungslosigkeit zu machen, sodass ihnen die Entlastung regelmäßig und ohne Schwierigkeiten gelingen wird.
Die Insolvenzantragspflicht ist insb. bei geschäftsunfähigen oder minderjährigen Gesellschaftern nicht unproblematisch. Aber auch dort sieht der Gesetzgeber keine Ausnahmen vor und nimmt somit Betreuer und Vertretungsberechtigte in die Pflicht.
Welche inhaltlichen Anforderungen der Eröffnungsantrag erfüllen muss, um der Verpflichtung zur Antragstellung zu genügen, ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Jedenfalls darf der Antrag nicht derartige Mängel aufweisen, die dem Gericht eine Entscheidung über die Eröffnung erheblich erschweren.
Das Gesetz sieht eine Höchstfrist von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder von sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung vor, in deren Zeitraum der Eröffnungsantrag zu stellen ist, die Pflicht besteht aber in der Antragstellung "ohne schuldhaftes Zögern". Der Antragspflichtige darf demnach nicht bis zum Ablauf dieser Frist zuwarten, wenn nicht begründete Aussicht für die erfolgreiche Umsetzung eines Sanierungsplanes besteht.
Rz. 346
Soweit die Gesellschafter einer führungslosen GmbH ihre Pflicht aus § 15a Abs. 3 InsO – verletzen, kommt aus strafrechtlicher Sicht Freiheits- oder Geldstrafe nach § 15a Abs. 4, 5 InsO in Betracht. Aus zivilrechtlicher Sicht droht eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1, 3 GmbHG. Nach einhelliger Ansicht ist § 15a Abs. 1, 3 InsO Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Zu den Voraussetzungen s. bereits die Ausführungen zur Haftung des Geschäftsführers (Rdn 270).
Rz. 347
Die verspätete Stellung des Insolvenzantrags kann auch den Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB erfüllen, etwa wenn der Geschäftsführer respektive der Gesellschafter dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf nimmt. Von der Haftung nach § 826 BGB sind auch Schäden umfasst, die nicht vom Schutzzweck des § 15a InsO (bzw. § 64 GmbHG a.F.) erfasst sind, z.B. Schäden der Arbeitsverwaltung. Die durch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht indizierte Sittenwidrigkeit kann entfallen, wenn der Geschäftsführer oder Gesellschafter die Antragstellung nur deswegen unterlassen hat, weil er die Krise des Unternehmens als überwindbar und seine Sanierungsbemühungen als lohnend und erfolgversprechend ansehen durfte. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt allerdings beim Geschäftsführer bzw. Ge...