Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1945
Nach §§ 327a ff. AktG können Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn dem Hauptaktionär mehr als 95 % der Aktien gehören, sog. Squeeze-Out. Dies ist auch noch im Liquidationsstadium zulässig. Zulässig ist der aktienrechtliche Squeeze-Out bei allen AGs und KGaAs. Eine Börsennotierung ist nicht erforderlich. Für die Beschaffung der Kapitalmehrheit von mehr als 95 % genügt es, wenn die Aktien im Wege eines Wertpapierdarlehens gehalten werden. Bei abhängigen Unternehmen erfolgt die Zusammenrechnung nach § 327a Abs. 2 i.V.m. 16 Abs. 2 und Abs. 4 AktG.
Rz. 1946
Häufig steht ein Squeeze-Out im Zusammenhang mit der Abgabe eines Übernahmeangebots gem. §§ 35 Abs. 2, 39, 29 Abs. 2 WpÜG. Zur Abgabe eines solchen Angebots ist der Bieter i.R.d. WpÜG verpflichtet, wenn er einen Stimmrechtsanteil von 30 % erreicht hat. Eine Befreiung von dieser Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots ist nach § 37 WpÜG möglich. In Betracht kommt eine solche, wenn der Bieter mit dem Kontrollerwerb etwa zusagt, im Anschluss daran ein aktienrechtliches Squeeze-Out-Verfahren zu betreiben.
Rz. 1947
Neben dem aktienrechtlichen Squeeze-Out nach §§ 327a ff. AktG gibt es einen übernahmerechtlichen Squeeze-Out nach §§ 39a ff. WpÜG. Statthaft ist der übernahmerechtliche Squeeze-Out nur für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt zugelassen sind, wenn einem Bieter nach einem erfolgreichen öffentlichen Übernahme- oder Pflichtangebot 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals gehören. Es handelt sich um ein Antragsverfahren. Über den Antrag entscheidet ausschließlich das LG Frankfurt am Main durch Beschluss (§ 39a Abs. 5 WpÜG). Die §§ 327a–327f AktG gelten nicht. Eine Beteiligung der Hauptversammlung gibt es beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out nicht. Die Gefahr, dass der Squeeze-Out durch Anfechtungsklagen verzögert wird, droht nicht. Auch sonst soll das übernahmerechtliche Verfahren ggü. dem aktienrechtlichen Verfahren einfacher und zügiger einen Ausschluss der Minderheitsaktionäre ermöglichen. Wirksam wird der übernahmerechtliche Squeeze-Out mit Rechtskraft des Beschlusses. Eine Eintragung im Handelsregister ist nicht erforderlich.
Dem Bieter steht es frei, ob er ein aktienrechtliches oder übernahmerechtliches Squeeze-Out-Verfahren betreiben will. Sinn macht der übernahmerechtliche Squeeze-Out nur, wenn die Vermutungsregel des § 39a Abs. 3 WpÜG greift. Danach ist die Gegenleistung des vorangegangenen öffentlichen Angebots angemessen, wenn aufgrund des Angebots mindestens 90 % des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben wurde. Wenn dieser "Markttest" bestanden wurde, kann diese Gegenleistung auch dem übernahmerechtlichen Squeeze-Out zugrunde gelegt werden.
Rz. 1948
Zulässig ist auch ein sog. umwandlungsrechtlicher Squeeze-Out nach § 62 Abs. 5 UmwG. Der umwandlungsrechtliche Squeeze-Out ist bereits bei einer Beteiligungsschwelle von 90 % möglich. Im Übrigen erfolgt er weitgehend nach den aktienrechtlichen Regeln.
Rz. 1949
Beim aktienrechtlichen Squeeze-Out ist ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich (§ 327a Abs. 1 Satz 1 AktG; s. zur erforderlichen Mehrheit o. Rdn 1367). Zusätzlich ist der Beschluss im Handelsregister einzutragen (§ 327e AktG). Ob für den Beschluss der Hauptversammlung einfache Stimmenmehrheit genügt, oder ob sich die Kapitalmehrheit von 95 % des § 327a Abs. 1 AktG auch auf den Hauptversammlungsbeschluss bezieht, ist offen. Der Hauptaktionär hat dabei ein Stimmrecht, es sei denn, die gesetzlichen Meldepflichten wurden nicht eingehalten (§§ 20, 21 AktG, 21 ff., 28 WpHG).
Rz. 1950
Nach § 327c Abs. 3 AktG müssen der Entwurf des Übertragungsbeschlusses, die Jahresabschlüsse und Lageberichte der letzten 3 Jahre, der Squeeze-Out-Bericht des Hauptaktionärs und der Prüfungsbericht des Abfindungsprüfers von der Einberufung der Hauptversammlung an und auch in der Hauptversammlung selbst ausliegen. Es genügt, wenn diese Unterlagen im Vorfeld der Hauptversammlung auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind. Auch in der Hauptversammlung müssen die Unterlagen nicht mehr ausgelegt werden. Ausreichend ist ihre Zugänglichmachung. Das Verfahren des aktienrechtlichen Squeeze-Out ist der Eingliederung nachempfunden und gilt für alle, also auch für nicht börsennotierte Gesellschaften. Die Auswahl des Abfindungsprüfers nach § 327c Abs. 2 Satz 3 AktG ist dabei nicht allein deshalb fehlerhaft und der Squeeze-Out damit anfechtbar, weil sie auf Vorschlag des Hauptaktionärs ergangen ist, es sei denn, das Gericht glaubt, an einen solchen Vorschlag gebunden zu sein. Der Squeeze-Out-Bericht an die Hauptversammlung nach § 327c Abs. 2 Satz 1 AktG braucht kein ausführlicher Bericht zu sein. Es genügt, wenn die Voraussetzungen für die Übertragung und die Angemessenheit der Barabfindung schlüssig dargelegt wird. Auch bedarf der Squeeze-Out keiner sachlichen Rechtf...