Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 65
Verdeckte Sacheinlagen sind Gestaltungen zur Umgehung der Sacheinlagevorschriften sowohl bei der Gründung als auch bei der Kapitalerhöhung. Die Gesellschafter wählen formal den Weg einer Bargründung oder -kapitalerhöhung, führen der Gesellschaft aber nicht effektiv oder dauerhaft Barkapital zu. Im Zuge der GmbH-Reform durch das MoMiG hat der Gesetzgeber erstmalig in § 19 Abs. 4 GmbHG die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber hat in § 19 Abs. 4 GmbHG insb. die Rechtsfolgen der verdeckten (verschleierten) Sacheinlage nach der bisherigen Rspr. entschärft und erstmals eine Legaldefinition für die verdeckte Sacheinlage in das Gesetz aufgenommen.
Demnach ist gem. § 19 Abs. 4 Satz 1 GmbHG eine verdeckte Sacheinlage gegeben, wenn:
Zitat
(...) eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten [ist](verdeckte Sacheinlage) (...).
Durch diese abstrakte Umschreibung der Voraussetzung für das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage wahrt der Gesetzgeber eine gewisse tatbestandliche Kontinuität, indem er an die in der Rspr. übliche Definition anknüpft. Somit sind zwei Tatbestandsmerkmale erforderlich: die wirtschaftliche Entsprechung und die vorherige Abrede. Ist nur eines dieser Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt, ist die Bareinlage nicht zu beanstanden, eine verdeckte Sacheinlage ist nicht gegeben.
aa) Tatbestandsmerkmal "Abrede"
Rz. 66
Die höchstrichterliche Rspr. und die herrschende Lehre verlangen eine vorherige Abrede, aus der sich ergibt, dass die Bareinlage des Inferenten gem. dem wirtschaftlichen Ergebnis durch eine andere Leistung als Geld erbracht werden soll und kann. Statt einer ausdrücklichen Abrede ist auch eine stillschweigende Billigung ausreichend. Entscheidend ist lediglich, dass die Abrede respektive die Billigung im Zusammenhang mit der Übernahme des Geschäftsanteils entweder zwischen den Gesellschaftern (bei der Gründung) oder zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft (so bspw. bei der Kapitalerhöhung) getroffen wurde. Teilweise wird es sogar als Verstoß gegen die Sachgründungsvorschriften erachtet, wenn die alsbaldige Rückgewähr der Barmittel gegen eine Sacheinlage erst später, d.h. ohne Vorabsprache, mit dem Geschäftsführer der Gesellschaft verabredet wird.
Die verdeckte Sacheinlage setzt aber keine Umgehungsabsicht oder gar einen Täuschungswillen voraus.
Eine Abrede wird bei einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Gründung und dem Verkehrsgeschäft widerlegbar vermutet. Als Zeitraum werden meist sechs Monate genannt. Nach dem BGH kann eine solche Vermutung nach Ablauf von acht Monaten nicht mehr angenommen werden.
Allerdings ist auch bei einem deutlichen zeitlichen Abstand zwischen Hinzahlen (Leistung der Bareinlage) und Ersetzung der Bareinlage (z.B. Ankauf einer Ware vom Gesellschafter) eine verdeckte Sacheinlage nicht ausgeschlossen. Der zeitliche Zusammenhang ist nur ein Indiz. Entscheidend ist allein, ob eine entspr. Abrede vor oder bei Gründung bzw. Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses getroffen wurde. Liegt diese (beweisbar) vor, handelte es sich um eine verdeckte Sacheinlage.
Beispiele
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Das mit 25.000,00 EUR festgelegte Stammkapital soll dergestalt belegt werden, dass die beiden Gesellschafter A und B jeweils ihre Pkw (Wert ca. 12.500,00 EUR) an die GmbH verkaufen, nachdem die GmbH in bar gegründet wurde. Zur Begleichung des Kaufpreises soll das eingezahlte Stammkapital verwandt werden. |
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In eine GmbH soll das früher einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen des Gründers eingebracht werden. Das geleistete Stammkapital wird sogleich dazu benutzt, das Einzelunternehmen dem Gründungsgesellschafter abzukaufen. |
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Bei einer Betriebsaufspaltung wird das erforderliche Anlagevermögen nach Gründung vom Gründer an die Betriebs-GmbH veräußert oder verpachtet. |
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Streitig ist, ob bei einem Verkehrsgeschäft mit dem Gesellschafter eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, wenn kein Geld zurückfließt, sondern nur die Einbuchung einer Gesellschafterforderung oder Stundung der Kaufpreisforderung des Gesellschafters erfolgt. |
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Auch die in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Bareinlageleistung erfolgte Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens stellt eine gegen das in § 19 Abs. 5 Alt. 2 GmbHG geregelte Umgehungsverbot verstoßende Verrechnung einer Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und damit eine verdeckte Sacheinlage dar. Die Reihenfolge der ... |