Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 413
Die Einlageschuld entsteht, wenn die Kapitalerhöhung beschlossen wurde und die Übernahmeerklärung der Zeichner vorliegt, die von der Gesellschaft angenommen wurde. Dies erfolgt regelmäßig, aber nicht zwingend gleichzeitig.
Die Mindesteinlage von ¼ wird gem. §§ 56a, 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG mit Abschluss des Übernahmevertrages fällig, da anderenfalls die Kapitalerhöhung nicht zum Handelsregister angemeldet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch frühere Einzahlungen auf den bestehenden Geschäftsanteil der nach Aufstockung erhöhte Nennbetrag zu einem Viertel bereits gedeckt ist. Wird die Resteinlage von ¾ nicht sofort im Kapitalerhöhungsbeschluss fällig gestellt, wird sie gem. § 46 Nr. 2 GmbHG erst mit einem entspr. Gesellschafterbeschluss fällig. Dieser kann erst nach Eintragung der Erhöhung gefasst werden.
Die Zahlung nach Entstehung, aber vor Fälligkeit der Einlageschuld bewirkt ein Erlöschen der Einlagepflicht. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung wird gewahrt, da die Bareinlage tatsächlich so an die Gesellschaft erbracht wurde, dass diese zur freien Verfügung der Geschäftsführer stand. Ein Vertrauen des Rechtsverkehrs auf eine Leistung erst nach Fälligkeit der Schuld wird allgemein nicht geschützt.
Rz. 414
Schwieriger ist die Behandlung einer Voreinzahlung auf eine noch nicht bestehende Einlageschuld. In einigen – allerdings eher seltenen – Fällen ist zur Sanierung der betroffenen GmbH ein schneller Mittelzufluss nötig, der das Abwarten des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht mehr möglich erscheinen lässt. Teilweise wollen die Mandanten auch nur besonders pflichtbewusst sein und zahlen schon vor dem Notartermin ein (häufig insb. bei der Gründung, sog. technische Vorauszahlung).
Grds. führt die Voreinzahlung des Gesellschafters auf eine Kapitalerhöhung nicht zum Erlöschen der Einlageforderung.
Die herrschende Lehre und viele OLG bejahen mit Unterschieden im Detail die befreiende Wirkung einer Voreinzahlung aber ausnahmsweise dann, wenn
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ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Voreinzahlung und der Kapitalerhöhung gegeben ist, d.h. im Zahlungszeitpunkt bereits konkrete Vorbereitungen für die Beschlussfassung getroffen werden, |
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die Zweckbestimmung der Zahlung als Vorleistung auf die künftige Einlageschuld festliegt und für Dritte nachprüfbar ist, |
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die Vorausleistung als solche im Kapitalerhöhungsbeschluss und in der Versicherung der Anmelder offengelegt wird und |
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die Voreinzahlung in der Krise der Gesellschaft zu Sanierungszwecken erfolgt. |
Rz. 415
Einen engen zeitlichen Zusammenhang hat das OLG Oldenburg in einem Fall abgelehnt, bei dem die Kapitalerhöhung zweieinhalb Monate nach Zahlung des Betrages an die GmbH beurkundet wurde.
Rz. 416
Der BGH hatte lange die Entscheidung über die schuldtilgende Wirkung der Voreinzahlung in Sanierungsfällen ausdrücklich offengelassen. Zwischenzeitlich hatte er klargestellt, dass eine Voreinzahlung im Sanierungsfall die später entstandene Einlageverpflichtung auf jeden Fall dann tilgen kann, wenn sich der Betrag im Zeitpunkt der Entstehung der Einlageverpflichtung noch im Vermögen der Gesellschaft befindet. In seinem Urteil zur wertgleichen Deckung führt er im Zusammenhang mit der Leistung zur freien Verfügung aus: "Eine zeitliche Grenze für diese Leistung wird lediglich durch das Erfordernis eines Kapitalerhöhungsbeschlusses gesetzt". Damit gilt der Verzicht auf die wertgleiche Deckung nur bei Leistung nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss und nach der Zulassung zur Erhöhung und Abgabe der Übernahmeerklärung, nicht hingegen bei einer Voreinzahlung. Mit Urteil aus dem Jahr 2012 hat der BGH erneut bestätigt, dass Voreinzahlungen, die bereits vor dem Beschluss über die Kapitalerhöhung erfolgt sind, grds. nur dann Tilgungswirkung haben, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Beschlussfassung und der Übernahmeerklärung als solcher noch im Vermögen der GmbH zweifelsfrei vorhanden ist. Ist der Betrag bereits verbraucht, kommt der Voreinzahlung Tilgungswirkung ausnahmsweise nur dann zu, wenn die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung im Anschluss an die Voreinzahlung mit aller gebotener Beschleunigung nachgeholt wird, ein akuter Sanierungsfall vorliegt, andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen und die Rettung der sanierungsbedürftigen Gesellschaft scheitern würde, falls die üblichen Kapitalaufbringungsregeln beachtet werden müssten.
Diese engen Voraussetzungen für die Tilgungswirkung einer Voreinzahlung bestätigt der BGH nochmals mit Urt. v. 19.1.2016. In dem zu entscheidenden Sachverhalt hatte der Gesellschafter einer GmbH dieser bereits vor Beschluss der Kapitalerhöhung einen Betrag in Höhe von 50.000,00 EUR unter dem Verwendungszweck "Kapitalerhöhung" überlassen. Die GmbH zahlte anschließend die 50.000,00 EUR an den Gesellschafter zurück, der diesen Betrag kurz darauf unter der Angabe "Kapitalerhöhung" an die Gm...