Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2000
Die Hauptversammlung bleibt weiterhin zuständig, über Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen zu befinden.
Rz. 2001
Str. war die Rechtslage bei der Firma. Die Firma gehört einerseits nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 AktG zum Mindestinhalt einer Satzung und kann daher nur nach den Vorschriften über eine Satzungsänderung geändert werden. Andererseits fällt die Firma als vermögenswertes Recht in die Insolvenzmasse ("Firmenwert"). Will der Insolvenzverwalter die Firma verwerten, kann er das Handelsgeschäft der AG mit der Einwilligung veräußern, die bisherige Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortzuführen (§ 22 Abs. 1 HGB).. Kommt es zu einer solchen Veräußerung des Unternehmens oder Verwertung der Firma durch den Insolvenzverwalter, muss nach Auffassung des BGH die Firma der insolventen Gesellschaft nicht in jedem Fall geändert werden. Insbesondere ist die Firma noch weiterhin Bestandteil der Satzung und kann damit weiter verwendet werden. Eine solche "Doppelfirmierung" ist namentlich für die Zeit bis zur endgültigen Abwicklung der Gesellschaft nicht grds. unzulässig. Ob die Fortführung der bisherigen Firma entgegen § 18 HGB eine Irreführung über wesentliche geschäftliche Verhältnisse bewirkt, ist eine Frage des Einzelfalls und insbesondere davon abhängig, ob und in welchem Umfang die Insolvenzschuldnerin nach der Veräußerung ihres Handelsgeschäfts für den Zweck der weiteren Abwicklung am Rechtsverkehr teilnehmen muss. Maßgeblich ist, ob durch das gemeinsame Auftreten von Insolvenzschuldnerin und Erwerber unter gleicher Firma eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise ausgeht.
Rz. 2002
Soweit hiernach eine Ersatzfirma zu bilden ist, ist eine Änderung der Satzung erforderlich. Dies erfolgt auch im Insolvenzverfahren nur durch einen satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung. Einzige (insolvenzbedingte) Ausnahme ist es, wenn ein etwaiger Insolvenzplan eine solche Satzungsänderung vorsieht (§ 225a Abs. 3 InsO). Eine bloße Anmeldung zum Handelsregister durch den Insolvenzverwalter ohne Satzungsänderung oder eine Satzungsänderung allein durch Beschluss des Insolvenzverwalters genügt nicht. Wirksam wird die Satzungsänderung erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister. Auch insoweit bleibt es bei den normalen Zuständigkeiten, d.h. die Handelsregisteranmeldung ist vom Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl einzureichen.
Rz. 2003
Beim Geschäftsjahr gibt es jedoch eine Besonderheit. Nach § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO beginnt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr. Damit beginnt ein neuer, von der Satzung abweichender Geschäftsjahresrhythmus (ein Geschäftsjahr darf nicht länger als 12 Monate dauern). Eine automatische Anpassung an das satzungsmäßige Geschäftsjahr findet nicht statt. Insoweit ist aber der Insolvenzverwalter berechtigt, das Geschäftsjahr wieder so festzulegen, wie es in der Satzung bestimmt ist. Dabei handelt es sich nicht um eine Satzungsänderung, sondern um eine Außerkraftsetzung des § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO. Dies kann der Insolvenzverwalter kraft seines Amtes durch bloße Anmeldung zum Handelsregister oder durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht vornehmen. Ein Gesellschafterbeschluss ist dafür nicht erforderlich.
Rz. 2004
In der Insolvenz können grds. auch sämtliche Kapitalerhöhungen beschlossen und durchgeführt werden. Die i.R.d. Kapitalerhöhung der Gesellschaft zugeführten Mittel fallen als Neuerwerb in die Insolvenzmasse, § 35 InsO. Diese Kapitalmaßnahmen können zum einen im normalen Verfahren durch die Hauptversammlung beschlossen werden. Insoweit gelten keine Besonderheiten. Möglich ist aber auch, diese Kapitalmaßnahmen, insb. die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital (Dept-Equity-Swap) im Rahmen eines Insolvenzplans nach § 225a Abs. 2 und Abs. 3 InsO zu beschließen. Hierbei wirken die Aktionäre nicht mit. Die Entscheidung liegt im Insolvenzplanverfahren beim Insolvenzverwalter und bei den Gläubigern.
Rz. 2005
Eine Beschlussfassung der Hauptversammlung über eine reguläre Kapitalerhöhung ist auch dann noch zulässig, wenn bereits ein Insolvenzplanverfahren läuft, in welchem ein Dept-Equity-Swap enthalten ist. Der Insolvenzplan wird erst mit seiner Bestätigung nach § 254 InsO wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die Hauptversammlungsbefugnisse nicht gesperrt.
Rz. 2006
Eine "normale" Kapitalerhöhung, die vor Insolvenzeröffnung beschlossen wurde, wird mit Eintragung der Durchführung wirksam, auch wenn die Eintragung erst nach Insolvenzeröffnung erfolgt. Eine Regel, wonach die zwischenzeitliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft einer Eintragung und damit dem Wirksamwerden einer vorher beschlossenen und ordnungsgemäß angemeldeten Kapitalerhöhung entgegensteht, gibt es nicht.
Rz. 2007
Bei der AG ist auch die Schaffung eines genehmigten Kapitals möglich. Die Ausnutzung...