Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2090
Das Eintragungsverfahren der Europäischen Gesellschaft (SE) erfolgt bei der Gründung durch Verschmelzung in zwei Schritten. In einem ersten Schritt stellt eine zuständige Stelle (Gericht, Notar oder eine andere zuständige Behörde, Art. 25 Abs. 2 SE-VO) im Sitzstaat der Gründungsgesellschaften eine sog. Rechtmäßigkeitsbescheinigung aus. Im zweiten Schritt wird die Europäische Gesellschaft (SE) nach Vorlage auch der Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. den nationalen Vorschriften, die aufgrund Art. 3 der Ersten Richtlinie ergangen sind, eingetragen.
aa) Rechtmäßigkeitsbescheinigung
Rz. 2091
Nach Art. 25 SE-VO müssen zunächst die einzelnen Verfahrensschritte bei den sich verschmelzenden Gesellschaften nach den für diese geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates überprüft werden. Der nationale Gesetzgeber hat in den §§ 3 und 4 SEAG dem Handelsregister die Prüfungskompetenz nach Art. 25 SE-VO zugewiesen. Das Registergericht prüft, ob alle notwendigen der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Soweit dies der Fall ist, stellt es die (Rechtmäßigkeits-)Bescheinigung i.S.v. Art. 25 Abs. 2 SE-VO aus.
bb) Eintragung der Europäischen Gesellschaft (SE)
Rz. 2092
Auf der zweiten Stufe kontrolliert das Handelsregister des Sitzstaates der Europäischen Gesellschaft (SE) die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung im Hinblick auf die Verfahrensschritte der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der Europäischen Gesellschaft (SE).
Gem. Art. 26 Abs. 2 SE-VO legen die sich verschmelzenden Gesellschaften dem Handelsregister bei der Anmeldung die in Art. 25 Abs. 2 SE-VO genannten Bescheinigungen sowie den Verschmelzungsplan in Ausfertigung vor. Das gilt auch für eine aufnehmende Gründungsgesellschaft, bei der sich die Zuständigkeit des Handelsregisters nicht ändert.
Die Bescheinigungen dürfen im Zeitpunkt der Anmeldung nicht älter als sechs Monate sein. Die Behörde kontrolliert insb., ob die Hauptversammlungen der sich verschmelzenden Gesellschaften einem gleich lautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben und ob eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft (SE) gem. der SE-RL geschlossen worden ist. Ohne dass eine solche Vereinbarung geschlossen worden ist oder die Auffangregelung eingreift, kann die Gesellschaft nach Art. 12 SE-VO nicht eingetragen werden. Davon kann ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn weder die Gründungsgesellschaften Arbeitnehmer beschäftigen, noch die SE dies künftig beabsichtigt (s. dazu auch Rdn 2226). Eine weiter reichende Prüfungskompetenz, insb. eine, die sich auch auf das Verfahren bei den Gründungsgesellschaften erstreckt, kann der Behörde nicht zugebilligt werden. Durch die Bescheinigung nach Art. 25 Abs. 2 SE-VO belegt die Gesellschaft, dass die Verfahrensvorschriften im Mitgliedstaat, in dem die betreffende Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat, eingehalten wurden. Aus der SE-VO lässt sich nicht entnehmen, dass eine doppelte Prüfung des Gründungsverfahrens gewollt war.
Die Europäische Gesellschaft (SE) erwirbt gem. Art. 16 SE-VO mit ihrer Eintragung in das nach § 3 SEAG zuständige Handelsregister Rechtspersönlichkeit. Die Rechtsfolgen der Verschmelzung richten sich nach Art. 29 SE-VO. Bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung zur Aufnahme nimmt die aufnehmende Gesellschaft mit der Eintragung in das Handelsregister gem. Art. 29 Abs. 1 Buchst. d) SE-VO die Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) an. Bei der Verschmelzung zur Neugründung entsteht die neue Gesellschaft als Europäische Gesellschaft (SE).
Nach der Eintragung der Europäischen Gesellschaft (SE) kann eine Verschmelzung nach Art. 30 SE-VO nicht mehr für nichtig erklärt werden. Allerdings kann das völlige Fehlen einer Rechtmäßigkeitsprüfung einen Grund für die Auflösung einer Europäischen Gesellschaft (SE) darstellen.
Art. 14 SE-VO sieht vor, dass die Eintragung der Europäischen Gesellschaft (SE) zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden muss.