Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2075
Auch bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung besteht die Pflicht zur Erstellung eines Verschmelzungsberichts. Dies ergibt sich aus der Verweisung des Art. 18 SE-VO in das nationale Recht. Der Verschmelzungsbericht dient dem Schutz der Anteilseigner durch Vorabinformation. Es bedurfte keiner besonderen Vorschriften in der SE-VO, um die Pflicht zur Erstellung eines Verschmelzungsberichts zu statuieren, weil die Verschmelzungsrichtlinie (Dritte Richtlinie, jetzt Art. 87 ff. RL 2017/1132/EU) in Art. 9 (jetzt Art. 95 ff. RL 2017/1132/EU) bereits eine Berichtspflicht enthält.
Gem. Art. 18 SE-VO i.V.m. § 8 UmwG muss der Vorstand der an der Gründung der Europäischen Gesellschaft (SE) teilnehmenden AG einen schriftlichen Bericht über die Verschmelzung erstatten. Darin muss der Verschmelzungsplan oder sein Entwurf im Einzelnen und insb. das Umtauschverhältnis der Anteile sowie die Höhe der Barabfindung rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden. Nicht ausreichend ist deshalb die bloße Angabe der Höhe des Umtauschverhältnisses. Was aber unter ausführlichen Angaben zu den wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten zu verstehen ist, erläutert das Gesetz in § 8 UmwG nicht. Der Umfang des Berichts wird das Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Aktionäre und dem Gesellschaftsinteresse sein. Gerade das Umtauschverhältnis sollte aber sehr ausführlich erläutert werden, da es von besonderer Bedeutung für die Aktionäre ist und damit entscheidenden Einfluss auf ihr Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung hat.
Rz. 2076
Die Dritte Richtlinie (jetzt Art. 87 ff. RL 2017/1132/EU) enthält keine Bestimmungen hinsichtlich einer gemeinsamen Berichterstattung. Durch das UmRUG wurde in § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwG nun ausdrücklich die Möglichkeit einer gemeinsamen Berichterstattung eingeführt. In den anderen Mitgliedstaaten ist eine gemeinsame Berichterstattung jedoch nicht zwangsläufig zulässig. Da die SE-VO in diesem Punkt nicht die nationalen Regelungen verdrängt, ist ein gemeinsamer Verschmelzungsbericht also nur zulässig, wenn in den Mitgliedstaaten, deren Recht die Gründungsgesellschaften unterliegen, eine gemeinsame Berichterstattung möglich ist.
Rz. 2077
Die Anteilseigner deutscher Gründungsgesellschaften können auf den Bericht durch notariell beurkundete Erklärung verzichten. Ein Verzicht der Anteilseigner der ausländischen Gesellschaft ist nicht erforderlich. Ohne entsprechende Verzichtserklärungen sind Mängel des Umwandlungsberichtes stets beachtlich. Das gilt auch bei der sogenannten Schwesterfusion.