Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 81
Eine schuldtilgende Leistung zur freien Verfügung der Geschäftsführung erfordert, dass die Einlage der Verfügungsmacht des Gesellschafters entzogen und endgültig rechtlich und tatsächlich in das Vermögen der (Vor-)GmbH übergegangen ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Einlage als Vermögenssubstanz der Gesellschaft und damit als Haftungsfonds für Gläubiger tatsächlich bereitsteht. Der Gesellschafter hat die Einlage so zu leisten, dass die Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen objektiv erkennbar wird. Der Zweck der Leistung zur freien Verfügung liegt in der Absicherung der realen Kapitalaufbringung durch effektive und endgültige Zufuhr der Einlagen.
Rz. 82
Eine Einlage kann auch dann schuldtilgend geleistet werden, wenn sie mit einer bestimmten Zweckbestimmung versehen wird, z.B. mit dem Ziel, eine bestimmte Investition zu tätigen oder sich an einer anderen Gesellschaft zu beteiligen.
Rz. 83
§ 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG bestimmt, dass eine vor der Einlage getroffene Vereinbarung, wie bspw. ein Darlehen an den Gesellschafter, die Erfüllungswirkung in Bezug auf die Einlage gleichwohl eintreten lässt, sofern der Rückgewähranspruch in vollem Umfang vollwertig und liquide, d.h. fällig ist bzw. jederzeit durch die Gesellschaft fällig gestellt werden kann. Liegt gleichzeitig jedoch auch eine verdeckte Sacheinlage vor, ist § 19 Abs. 4 GmbHG vorrangig. Die Beweislast für die Vollwertigkeit der Einlage trägt der Gesellschafter.
Hält der Inferent somit die Anforderungen des § 19 Abs. 5 GmbHG ein, hat er seine bare Einlageleistung schuldtilgend erbracht, der Geschäftsführer hat eine richtige Versicherung zur freien Verfügung über die Einlageleistung abgegeben und haftet (zunächst) nicht. Entsprechend urteilte auch das OLG Schleswig-Holstein, dass im Fall, dass Einlagemittel vereinbarungsgemäß umgehend als Darlehen an die vom Inferenten beherrschte KG weiterfließen, Erfüllungswirkung unter den weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG nur eintritt, wenn bei Offenlegung gegenüber dem Registergericht der Nachweis über die Vollwertigkeit und Liquidität des Rückgewähranspruchs erbracht wird. Insofern wurde durch das MoMiG das Erfordernis der Erbringung der Bareinlage zur freien Verfügung der Geschäftsführung erheblich modifiziert.
Rz. 84
Nimmt die GmbH an einem Cash-Pool-System teil, so steht dies seit dem MoMiG einer ordnungsgemäßen Einlageerbringung jedenfalls nicht grds. entgegen. Befindet sich das Konto der GmbH bei Einlageleistung im Soll, wird durch die Einlageleistung eine Verbindlichkeit gegenüber dem Poolführer getilgt, und die Zahlung stellt eine Sacheinlage dar. Werden hierbei die Vorschriften für die Sacheinlage allerdings nicht eingehalten, handelt es sich um eine verdeckte Sacheinlage gem. § 19 Abs. 4 GmbH, mit der Folge, dass allenfalls eine Anrechnung auf die fortbestehende Einlageverpflichtung in Betracht kommt, § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG. Erfolgt demgegenüber die Einlageleistung auf ein im Haben geführtes Konto, kann keine (verdeckte) Sacheinlage, aber ein Hin- und Herzahlen i.S.v. § 19 Abs. 5 vorliegen, was allerdings den Inferenten nur bei Einhaltung der vom BGH in der "Cash-Pool II"-Entscheidung aufgestellten Anforderungen von seiner Einlageverpflichtung befreit (hierzu bereits o. Rdn 70)