Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Besondere Angaben zur Beschlussfeststellung bei börsennotierten Gesellschaften
Rz. 1282
Bei nicht börsennotierten Gesellschaften genügen diese Angaben über Art und Ergebnis der Abstimmung und Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung. Bei börsennotierten Gesellschaften muss die Niederschrift nach § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG für jeden Beschluss grds. noch die
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Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden, sowie besondere Angaben bei Vorhandensein vom Mehrstimmrechtsaktien, |
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den Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Kapitals und |
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die Zahl der für einen Beschluss abgegebenen Stimmen und Gegenstimmen sowie ggf. die Zahl der Enthaltungen |
angeben.
Rz. 1283
Da die Hauptversammlungsniederschrift nach § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG auch die Feststellungen des Versammlungsleiters zur Beschlussfassung angeben muss, muss die Hauptversammlungsniederschrift bei einer börsennotierten AG auch diese zusätzlichen Angaben des Versammlungsleiters zur Beschlussfeststellung nach § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG enthalten. Enthält eine Hauptversammlungsniederschrift einer börsennotierten AG nicht diese zusätzlichen Angaben, liegt zwar ein Protokollmangel, der nach § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG aber nicht zur Nichtigkeit führt. Auch eine Anfechtbarkeit dürfte ausscheiden, da nicht ersichtlich ist, welchen Einfluss im Sinne der Relevanztheorie dieser nachträgliche Rechtsfehler auf die vorangegangenen Hauptversammlungsbeschlüsse haben sollte.
Rz. 1284
§ 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AktG fordert weiter die Angabe der "Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden". Nicht genügend ist die bloße Angabe der Zahl der "gültigen Stimmen". Ist die Beschlussfeststellung in diesem Punkt fehlerhaft, führt dies zur Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 1 AktG. Die Lit. verneint eine Anfechtbarkeit in diesem Fall, wenn nur die "gültigen Stimmen", nicht aber auch die die "Zahl der Aktien" bei der Beschlussfeststellung angegeben werden.
Rz. 1285
"Gültige Stimmen" i.S.d. § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AktG sind nur die wirksam abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen. Stimmenthaltungen zählen ebenso wenig dazu wie Stimmen, die einem Stimmverbot (§ 136 AktG) unterliegen oder Stimmen aus Aktien, die (vorübergehend) keine Rechte gewähren (§§ 20 Abs. 7, 67 Abs. 2 Satz 3 AktG). Auch Stimmenthaltungen sind grds. nicht anzugeben, es sei denn, die Abstimmung erfolgt im Wege des Subtraktionsverfahrens.
Rz. 1286
Nach § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AktG sind Feststellungen zu treffen über den "Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals am eingetragenen Grundkapital," also die Relation zwischen dem durch die gültigen Stimmen in der Hauptversammlung repräsentierten Grundkapital (= Summe der Ja- und Nein-Stimmen) und dem gesamten Grundkapital.
bb) Erleichterungen bei der Beschlussfeststellung bei börsennotierten Gesellschaften
Rz. 1287
Bei börsennotierten Gesellschaften sieht § 130 Abs. 2 Satz 3 AktG für den Versammlungsleiter Erleichterungen für die Beschlussfeststellung vor. Der Versammlungsleiter kann sich bei der Feststellung über die Beschlussfassung für jeden Beschluss darauf beschränken, dass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, falls kein Aktionär eine umfassende Feststellung nach § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG verlangt. Ist die "erforderliche Mehrheit" nicht erreicht, verbleibt es bei der Grundregel. Das Beschlussergebnis ist detailliert anzugeben.
Rz. 1288
Eine erleichterte Beschlussfeststellung scheidet aus, wenn ein einziger Aktionär widerspricht und die umfassende Feststellung verlangt (§ 130 Abs. 2 Satz 2 AktG). Es gibt keine Vorgaben, von wann an und bis zu welchem Zeitpunkt dieses Verlangen geltend gemacht werden kann. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, ob auch eine nachträgliche Ergänzung der Beschlussfeststellung verlangt werden kann. Das Verlangen kann bereits ab Einberufung der Hauptversammlung und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Eröffnung der Hauptversammlung gestellt werden. Für den Zeitpunkt der letztmöglichen Geltendmachung des Verlangens kommt zum einen der Zeitpunkt der Beschlussfeststellung des Versammlungsleiters in Betracht. Nach a.A. ist auf den Zeitpunkt der Beendigung der Hauptversammlung abzustellen, da bis zu diesem Zeitpunkt noch Korrekturmöglichkeiten für die Hauptversammlung bestehen.
Es ist zu befürchten, dass bei kritischen Hauptversammlungen, insbesondere wenn die Zeit knapp wird und die "Mitternachtsstund" bei einer nur für einen Tag einberufenen Hauptversammlung droht, Aktionäre von diesem Recht auf vollständige Feststellung der Beschlussfassung Gebrauch machen, um auf diese Weise die Beschlussfassung zu verhindern (s. zur Beschlussfassung nach 24.00 Uhr o. Rdn 1127 ff).
Hinweis
Bei kritischen Hauptversammlungen sollte von vornherein eine umfassende Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter u...