Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 121
Ist ein GmbH-Mantel für den Gesellschafter nicht – etwa im Wege einer Weiterveräußerung – wirtschaftlich verwertbar und soll endgültig aufgegeben werden, bietet sich zum einen das Liquidationsverfahren nach §§ 60 ff. GmbHG an, das aber den Ablauf zumindest eines Jahres zur Voraussetzung hat. Es stellt sich die Frage, ob nicht eine wesentlich lautlosere Liquidation über eine Verschmelzungsmaßnahme möglich ist. Soweit die Gesellschaft lediglich ihr Stammkapital aufgebraucht hat, kann sie ohne Probleme auf ihren Alleingesellschafter entspr. §§ 46 ff. UmwG oder aber, wenn dieser eine natürliche Person ist, über §§ 120 ff. UmwG verschmolzen werden. Besteht kein Mutter-Tochter-Verhältnis mit dem Zielrechtsträger, so ist zu berücksichtigen, dass die Verschmelzung mit einer Anteilsgewährung und entspr. Kapitalerhöhung beim Zielrechtsträger durchzuführen ist, soweit nicht die Anteilseigner des Ausgangsrechtsträgers insgesamt auf eine Anteilsgewährung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft entspr. § 54 Abs. 1 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG verzichten.
Problematisch wird es dann, wenn wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bereits eine Insolvenzantragspflicht gem. § 15a InsO besteht. Die Frage, ob auch überschuldete und insolvenzantragspflichtige Rechtsträger noch verschmolzen werden können, wird in der Lehre strittig behandelt. Nach der hier vertretenen Meinung kann die Verschmelzung noch durchgeführt werden, wenn das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist und eine positive Fortführungsprognose durch die Umwandlung zu bejahen ist.
Hinweis
Dem Vertretungsorgan ist es anzuraten, hier zweigleisig zu fahren. Es kann einerseits den Insolvenzantrag stellen und andererseits durch die forcierte Umsetzung der Umwandlung dafür sorgen, dass die Insolvenzeröffnungsvoraussetzungen beseitigt werden.
Der Weg in die Umwandlung ist jedoch nur dann anzuraten, wenn die Vorrats- oder Mantel-GmbH keine wirtschaftlichen Risiken mehr in sich birgt. Da der Zielrechtsträger entspr. § 20 UmwG alle Ansprüche gegen den Ausgangsrechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernimmt, würde es sich ansonsten um einen Gestaltungsfehler handeln.
Rz. 122
Die Verschmelzung der Vorrats- oder Mantelgesellschaft auf einen Dritten ist nicht darauf gerichtet, die Gesellschaft wirtschaftlich neu zu gründen, sondern sie zu liquidieren. Aus diesem Gesichtspunkt heraus ist auch eine Offenlegung und Versicherung über die Erhaltung/Aufbringung des Stammkapitals nicht Voraussetzung für die Durchführung der Umwandlung.
Soll eine Verschmelzung zur Neugründung erfolgen, sind die erhöhten Anforderungen der §§ 36–38 UmwG zu beachten. Diese Vorschriften gelten rechtsträgerübergreifend für alle Verschmelzungsvorgänge. In einer älteren Entscheidung hatte das OLG Stuttgart bereits Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Ausgliederung, weil die Gestaltung der Beteiligten, die darin bestand, auf einen kurz zuvor gegründeten Rechtsträger zu übertragen, als Umgehung des § 37 UmwG angesehen werden könne. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 musste der BGH die Frage der analogen Anwendbarkeit der Gründungsvorschriften bei einer Verschmelzung auf eine Mantelgesellschaft im Ergebnis nicht entscheiden, ließ aber auch keine grds. Ablehnung erkennen. Es ist daher dringend anzuraten, die §§ 36–38 UmwG nicht dadurch umgehen zu wollen, dass anstatt der Verschmelzung zur Neugründung die Verschmelzung auf eine Vorrats- oder Mantelgesellschaft gewählt wird.
Wird eine Verschmelzung auf eine Vorrats- oder Mantelgesellschaft vorgenommen, so sollten die §§ 36–38 UmwG mitbeachtet werden. Es sind also sowohl aus dem Gesichtspunkt der BGH-Rspr. wie aus dem Gesichtspunkt der §§ 36–38 UmwG die Gründungsvorschriften zu berücksichtigen. An die Urkunde sollte entspr. § 37 UmwG die Satzung der Vorratsgesellschaft angefügt werden. Entsprechend § 38 UmwG sollte die Anmeldung nicht nur – wie dies § 16 Abs. 1 Satz 2 UmwG zulässt – durch die Vertretungsorgane des übernehmenden Rechtsträgers (Vorrats-GmbH), sondern auch durch alle Vertretungsorgane der übertragenden Rechtsträger erfolgen.