Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 648
Mit Eintragung im Handelsregister entsteht die AG (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der Zeitpunkt der Übernahme der Aktien i.R.d. Gründung durch die Gründer nach § 29 AktG und die Feststellung der Satzung bestimmen lediglich den Zeitpunkt des Entstehens der sog. Vor-AG. Die Vor-AG ist notwendiges Durchgangsstadium. Die Vor-AG ist eine Gesamthandsgesellschaft eigener Art, auf die die Vorschriften der AG sinngemäß Anwendung finden, soweit diese nicht ausdrücklich eine Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister voraussetzen. Die Vor-AG ist rechts- und parteifähig. Daran ändert auch die Aufgabe der Eintragungsabsicht nichts. Die Vor-AG bleibt als Liquidationsgesellschaft bis zur vollständigen Abwicklung oder, wenn sie die Gesellschafter fortführen, als Personengesellschaft rechts- und parteifähig. Die Liquidation der Vor-AG erfolgt nach § 265 AktG. Eine solche Liquidation findet auch statt im Fall der Kündigung der Vor-AG analog § 723 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grunds, wenn z.B. ein Mitgesellschafter außer Stande ist, seine Einlage zu erbringen. Bei der Vor-AG ist eine solche Kündigung zulässig.
Rz. 649
Str. ist, inwieweit der Vorstand die Vor-AG unbegrenzt vertreten darf oder ob er hierbei auf die Vornahme der Gründungsgeschäfte beschränkt ist. Zum Schutz der Aktionäre vor einer etwaigen Unterbilanzhaftung ist zu fordern, dass die Vertretungsmacht des Vorstands auf die Vornahme von Gründungsgeschäften beschränkt ist und alles, was darüber hinausgeht, der Zustimmung aller Gründer bedarf (s. zu den Einzelheiten unten Rdn 749 m.w.N.). Mit Eintragung der AG gehen sämtliche Rechte und Pflichten der Vor-AG automatisch auf die AG über (Identitätsgrundsatz).
Zum Schutz der Kapitalaufbringung verbietet § 41 Abs. 4 AktG vor Eintragung der AG eine Übertragung von "Anteilsrechten" (Aktien). Noch nicht abschließend geklärt ist, ob in diesem Stadium eine auf die Eintragung aufschiebend bedingte Übertragung mit § 41 Abs. 4 AktG vereinbar ist. Die Praxis behilft sich mit einer Änderung des Gründungsvertrages. Ebenso wie bei der Satzungsänderung im Gründungsstadium ist hier eine Mitwirkung sämtlicher Gründer erforderlich. Die Änderungsvereinbarung ist wie die Gründung selbst notariell zu beurkunden.
Die Vor-AG ist von der Vorgründungsgesellschaft zu unterscheiden. Diese bezeichnet das Stadium vor Beurkundung der Gründung der AG. Hier gilt nicht Aktienrecht, sondern das Recht der GbR bzw. OHG. Einen automatischen Übergang der für die Vorgründungsgesellschaft begründeten Rechte und Pflichten auf die dann im Handelsregister eingetragene AG gibt es nicht.