Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1224
Nach § 136 AktG ist das Stimmrecht ausgeschlossen, wenn es um die eigene Entlastung, um die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder um die Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft gegen ihn geht. Insoweit handelt es sich um eine abschließende Regelung. Die Satzung kann die Stimmverbote des § 136 AktG weder erweitern noch einschränken; insb. genügt ein bloßer Interessenkonflikt noch nicht für ein Stimmverbot. Im Fall der Gesamtentlastung aller Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrates sind alle Organmitglieder, um deren Entlastung es geht, von der Abstimmung ausgeschlossen. Bei der Einzelentlastung dürfen die Aktionäre, um deren Entlastung es als Organmitglied gerade nicht geht, mit abstimmen. Ein Stimmverbot besteht jedoch auch hier, wenn der Aktionär an einem Vorgang mitgewirkt hat, der dem zu entlastenden Organmitglied als Pflichtverletzung vorgeworfen wird. Keine Bedeutung haben Stimmverbote in der Einmann-AG, etwa bei der Entlastung des Alleinaktionärs als Organmitglied. Gleiches gilt für den alleinigen Aktionär, wenn in der Hauptversammlung nach einem wirksamen Squeeze-Out der Beschluss einer Hauptversammlung vor dem Squeeze-Out über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den damaligen Mehrheits- und jetzigen Alleinaktionär aufgehoben und der damals nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestellte besondere Vertreter wieder abberufen wird und der jetzige Alleinaktionär in der Hauptversammlung vor dem Squeeze-Out nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen war.
Rz. 1225
Weitere Stimmverbote bestehen nach § 142 Abs. 1 Satz 2 AktG, wenn es um die Beschlussfassung zur Durchführung einer Sonderprüfung steht, bei wechselseitigen Beteiligungen nach § 328 AktG und im Sonderfall des § 286 Abs. 5 Satz 3 HGB. Durch Veräußerung der Anteile an Dritte (nahe Angehörige) ist eine Umgehung dieses Stimmverbots grds. nicht möglich.
Schließlich besteht ein Stimmverbot, wenn gesetzliche Meldepflichten nicht erfüllt werden und die Rechte aus den Aktien ruhen (§§ 20, 21 AktG, §§ 21 ff., 28 WpHG) bzw. bei eigenen Aktien der Gesellschaft (§ 71b AktG). Str. ist, ob diese Meldepflichten auch für den Legitimationsaktionär gelten. Dies wird vom OLG Köln bejaht, vom OLG Stuttgart verneint.
Rz. 1226
Von Bedeutung ist die Einhaltung der Meldepflicht namentlich bei einem aktienrechtlichen Squeeze-Out nach § 327a AktG. Werden die Meldepflichten eingehalten, kann der Hauptaktionär uneingeschränkt beim Squeeze-Out mit abstimmen. Ein Stimmverbot besteht für ihn nicht. Im Fall der Einziehung besteht für den betroffenen Aktionär grds. kein Stimmverbot. Streitig ist, wenn es um die Zwangseinziehung von Aktien solcher Aktionäre geht, in deren Person ein wichtiger Grund für die Einziehung vorliegt. Teilweise wird hier analog § 136 AktG ein Stimmverbot bejaht; andere verneinen dies.
Rz. 1227
Wie ein Stimmverbot wirkt es, wenn ein Stimmrecht nicht besteht im Fall der nicht vollständigen Leistung der Einlage (§ 134 Abs. 2 AktG) sowie bei Namensaktien in den Fällen des § 67 Abs. 2 AktG (s.o. Rdn 843 f.).
Rz. 1228
Gehören Aktien einer Drittgesellschaft oder einer Personenmehrheit und richtet sich das Stimmverbot gegen einzelne Mitglieder dieser Drittgesellschaft oder Personenmehrheit bzw. ihrer Organe, erstreckt sich das an sich nur für den zu entlastenden Vorstand bzw. das zu entlastende Aufsichtsratsmitglied geltende Stimmverbot auf die an der AG beteiligten Drittgesellschaft, wenn das zu entlastende Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied in dieser Drittgesellschaft entweder aufgrund seiner Beteiligung als Gesellschafter bzw. aufgrund der Eigenschaft als Organ in dieser Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke dieser Gesellschaft nehmen kann. Das zu entlastende Organmitglied hat in der Drittgesellschaft jedoch dann keinen maßgeblichen Einfluss, wenn es sich lediglich um ein Mitglied eines mehrköpfigen Verwaltungsorgans in dieser Drittgesellschaft handelt. Hinzukommen muss, dass das befangene Organmitglied im Verwaltungsorgan der Drittgesellschaft die Stimmenmehrheit hat bzw. sonst deren Entscheidungen beeinflusst. Ebenso greift das Stimmverbot, wenn sämtliche Gesellschafter der Drittgesellschaft persönlich vom Stimmverbot getroffen sind. Letztlich genügt es, wenn der Einfluss desjenigen, in dessen Person die Voraussetzungen für ein Stimmverbot nach § 136 Abs. 1 AktG gegeben sind, in der Drittgesellschaft derart groß ist, dass er die Drittgesellschaft i.S.d. § 17 AktG beherrscht.
Rz. 1229
Ähnlich zu beurteilen ist der Fall, wenn sich das Stimmverbot gegen die Drittgesellschaft richtet, Aktionär aber nicht die Drittgesellschaft selbst ist, sondern deren Gesellschafter. Hier ist darauf abzustellen, inwieweit der Aktionär den Interessen der Drittgesellschaft nähersteht als denen der AG. Bejaht wird dies bei persönlich haftenden Gesellschaftern der Drittgesellschaft, bei Alleingesellschafter...