Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 217
Ein Abfindungsanspruch der ausscheidenden Gesellschafter ist grds. nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, lässt sich aber mittelbar aus § 34 Abs. 3 GmbHG ableiten. Nach Auffassung des BGH gehört das Recht eines Gesellschafters, bei Ausscheiden aus der Gesellschaft eine Abfindung zu erhalten, zu seinen Grundmitgliedsrechten.
Die Satzungsautonomie im GmbH-Recht gestattet es den Gesellschaftern, Regelungen über die Abfindung eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft zu treffen. Im Wesentlichen gibt es zwei typische Regelungsinhalte von Abfindungsklauseln, zum einen wird die Höhe der Abfindung und zum anderen werden die Bedingungen der Auszahlung geregelt.
Enthält eine Satzung keine Abfindungsregelungen, hat die Abfindung zum Verkehrswert des Geschäftsanteils zu erfolgen und ist sofort mit dem Ausscheiden des Gesellschafters fällig.
Abfindungsregelungen werden v.a. in die Satzung aufgenommen, um die Ermittlung der Höhe der Abfindung zu vereinfachen und die GmbH davor zu schützen, dass sie kurzfristig Kapital in umfangreichem Maße für die Zahlung der Abfindung aufbringen muss sowie um die GmbH vor langwierigen Streitigkeiten um die Bewertung des Geschäftsanteils zu bewahren.
Rz. 218
Klauseln, die den Betrag der Abfindung beschränken, sehen oftmals bei Ausscheiden, Einziehung aus wichtigem Grund, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Einzelzwangsvollstreckung eine Abfindung zum Buchwert vor. Andere Klauseln beschränken die Abfindung auf den Nennwert, Substanzwert oder Ertragswert. Abfindungsklauseln können auch die Modalitäten der Zahlung der Abfindung betreffen. Sie können z.B. die Fälligkeit hinausschieben, eine Ratenzahlung, Verzinsung und/oder Sicherheiten für den ausscheidenden Gesellschafter vorsehen.
Klauseln, die einen völligen Ausschluss der Abfindung enthalten, sind sittenwidrig; sie sind auch nicht grds. als Vertragsstrafe im Fall einer (groben) Verletzung der Interessen der Gesellschaft oder der Pflichten des Gesellschafters zulässig. Ausnahmen können gelten, wenn die Gesellschaft eigene Anteile einzieht oder Ein Ausschluss der Abfindung ist grds. zulässig, wenn er für den Fall des Todes des Gesellschafters erfolgt. Eine solche Vereinbarung stellt eine auf den Todesfall bezogene unentgeltliche Verfügung über den Anteilswert zugunsten der anderen Gesellschafter dar.
Abfindungsklauseln, nach denen die Einziehung ohne oder gegen ein sehr geringes Entgelt möglich sein soll, können ausnahmsweise zulässig oder sogar geboten sein, wenn die Gesellschaft ideelle oder gemeinnützige Zwecke verfolgt. Abfindungsausschluss oder -beschränkungen allein für den Fall, dass der Gesellschafter in Insolvenz oder der Geschäftsanteil unter die Einzelzwangsvollstreckung gerät, sind unzulässig, da sie die Gläubiger einseitig benachteiligen. Sie sind nur dann wirksam, wenn die Abfindung auch in anderen Fällen (z.B. "wichtiger Grund") reduziert ist, und zwar auch dann, wenn sie z.B. bei der Einziehung im Todesfall höher ist. Gegen die Auffassung, wonach eine anfänglich nichtige Abfindungsklausel analog § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG nach Ablauf von drei Jahren geheilt wird, mehren sich die Gegenstimmen.
Nach der Rspr. des BGH darf die Abfindung auch im Rahmen sog. Geschäftsführer-/Mitarbeiterbeteiligungsmodelle ausgeschlossen werden, wenn den Mitarbeitern unentgeltlich Geschäftsanteile gewährt wurden und diese bei ihrem Ausscheiden zurück zu übertragen sind. Demgegenüber hat das LAG Rheinland-Pfalz in einer übertragbaren Entscheidung aus dem Jahr 2014 festgestellt, dass eine gesellschaftsvertragliche Regelung, welche die Abfindung eines Arbeitnehmers aus seiner stillen Beteiligung an dem Unternehmen im Fall der Eigenkündigung vor Vollendung des 63. Lebensjahrs auf den Nominalbetrag seiner Einlage, zzgl. einer Verzinsung von 2 % über dem Basiszinssatz, aber abzüglich der bis dahin erhaltenen Gewinnanteile erhält, diesen unangemessen benachteiligt i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es handelt sich laut dem LAG daher um eine unzulässige Kündigungserschwerung i.S.d. §§ 723 Abs. 3, 622 Abs. 6 BGB, welche die Unwirksamkeit der Abfindungsklausel begründet.
Rz. 219
Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Abfindungsklausel i.Ü. sind alle Umstände zu würdigen, so insb. das Ausmaß des Missverhältnisses zwischen Verkehrswert des Anteils und Abfindungshöhe sowie Regelungen zu den Zahlungsmodalitäten. So sind Abfindungsklauseln wegen Gläubigerbenachteiligung sittenwidrig, wenn sie die Abfindung nur bei Pfändung des Geschäftsanteils oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters beschränken, aber nicht oder nicht in demselben Maße in sonstigen Fällen. Abfindungsklauseln dürfen auch das Recht des Gesellschafters zum Austritt aus wichtigem Grund durch für ihn unzumutbare Vermögenseinbußen bei Ausübung dieses Rechts nicht unbillig mittelbar einschränken bzw. faktisch ausschließen.
Abfindungsklauseln, die zu einem grob...