Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 896
Der Vorstand wird durch den Aufsichtsrat bestellt (§ 84 Abs. 1 AktG). Bei mehreren Vorstandsmitgliedern kann der Aufsichtsrat auch einen Vorsitzenden des Vorstands ernennen (§ 84 Abs. 2 AktG). In dringenden Fällen kann das Gericht ein fehlendes Vorstandsmitglied bestellen, dessen Amt nach § 85 Abs. 2 AktG nur besteht, bis der Aufsichtsrat das fehlende Vorstandsmitglied bestellt und dieser das Amt angenommen hat.
Die Bestellung erfordert einen Beschluss des Aufsichtsrates nach § 108 AktG. Eine Delegation auf einen Ausschuss ist unzulässig (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Die Bestellung erfolgt auf höchstens 5 Jahre (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG); eine wiederholte Bestellung auf max. 5 Jahre ist zulässig, frühestens jedoch ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit (§ 84 Abs. 1 Satz 2 AktG). Str. war bislang, ob die einvernehmliche Aufhebung und vorzeitige Wiederbestellung eines Vorstands eine unzulässige Umgehung darstellt. Der BGH hat nunmehr die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise bejaht. Besondere Gründe müssen hierfür nicht vorliegen. Unzulässig ist dagegen eine automatisch wirkende Verlängerung, etwa wenn keine Abberufung erfolgt ist. Anders ist es dagegen, wenn diese automatische Verlängerung innerhalb des Fünfjahreszeitraums erfolgt, z.B. dass sich die zunächst auf 2 Jahre erfolgte Bestellung auf 5 Jahre automatisch verlängert, wenn sie nicht 3 Monate vor Ablauf der Zweijahresfrist widerrufen wird.
Rz. 897
Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands nach § 84 Abs. 3 AktG widerrufen. Erforderlich ist dafür das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Maßgeblich ist, ob das Fortbestehen der Organstellung für die Gesellschaft bis zum regulären Ablauf der Amtszeit noch zumutbar ist oder nicht. Notwendig ist eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der AG und denen des Vorstands. Nach a.A. ist allein auf die Interessen der Gesellschaft abzustellen. Dieser wichtige Grund kann dabei unter besonderen Umständen auch dann gegeben sein, wenn ein außenstehender Dritter, etwa die kreditgebende Bank, die Abberufung des Vorstands verlangt und zur Voraussetzung für die Prolongierung existenznotwendiger Kredite macht. Eine vorherige Anhörung des betroffenen Vorstandsmitglieds ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für den Widerruf.
Rz. 898
Die Hauptversammlung kann den Vorstand selbst nicht abberufen. Allerdings kann diese nach § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG dem Vorstand das Vertrauen entziehen. Soweit dieser Vertrauensentzug nicht aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist, liegt darin zugleich ein wichtiger Grund für den Widerruf der Vorstandsbestellung durch den Aufsichtsrat (§ 84 Abs. 3 Satz 2 AktG). Beweispflichtig für den offenbar unsachlichen Grund ist das abberufene Vorstandsmitglied. Allein die bloße Verweigerung der Entlastung nach § 120 AktG ist dem Vertrauensentzug nicht gleichzusetzen.
Rz. 899
Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung selbst setzt weder eine Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden noch seinerseits einen wichtigen Grund voraus. Offensichtlich unsachlich ist der Vertrauensentzug, wenn dieser willkürlich, haltlos oder wegen des damit verfolgten Zwecks sittenwidrig, treuwidrig oder sonst wie rechtswidrig ist. Die Unsachlichkeit muss "auf der Hand liegen". Die nur möglicherweise gegebene Unsachlichkeit des Vertrauensentzugs oder der erst nach längerer Prüfung als unsachlich erscheinende Vertrauensentzug schließen daher einen Widerruf der Vorstandsbestellung aus wichtigem Grund nach § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht aus. Auch muss der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung nicht begründet werden.
Rz. 900
Zulässig ist auch eine Amtsniederlegung durch den Vorstand selbst. Diese ist ggü. der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat (§ 112 AktG), zu erklären. Zugang der Amtsniederlegung bei einem Aufsichtsrat genügt. Nach herrschender Meinung führt die Amtsniederlegung analog § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG zur sofortigen Beendigung des Vorstandsamtes. Eine gleichzeitige Kündigung des Anstellungsvertrages ist dabei nicht erforderlich. Zulässig ist auch eine aufschiebend bedingte, mit Eintragung im Handelsregister wirksam werdende Amtsniederlegung.
Rz. 901
Str. ist, ob für die Amtsniederlegung ein wichtiger Grund vorliegen muss. Für das GmbH-Recht verneint der BGH dieses Erfordernis. Gleiches wird daher auch für die AG gelten müssen. Eine rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung ist unwirksam. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesellschaft handlungsunfähig würde, weil sie auch keinen handlungsfähigen Aufsichtsrat hat.