Rz. 284
Fehlt es an einer wirksamen Bestellung liegen Fälle des fehlerhaft bestellten Geschäftsführers oder des faktischen Geschäftsführers vor. Die Abgrenzung zwischen beiden Fallgruppen ist nicht abschließend geklärt; im Grundsatz wird darauf abgestellt, ob überhaupt ein förmlicher Bestellungsakt vorliegt. Ist die Bestellung zum Geschäftsführer unwirksam oder nichtig, liegt ein fehlerhaft bestellter Geschäftsführer vor, während erst das völlige Fehlen eines förmlichen Bestellungsakts die Fallgruppe der faktischen Geschäftsführung eröffnet.[927] Die Einordnung von an Inhabilitätsgründen scheiternden Bestellungen ist umstritten.[928] In Ermangelung jeglichen Bestellungsakts setzt die Annahme eines faktischen Geschäftsführers weiterhin voraus, dass der Handelnde die Geschicke der GmbH – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch das eigene Handeln nach außen, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat.[929]
Für den fehlerhaft bestellten Geschäftsführer finden im Grundsatz nach h.M. im Zeitraum von der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit bis zur Geltendmachung des Bestellungsmangels die Grundsätze über die fehlerhafte Organstellung Anwendung. Die Gesellschaft wird aufgrund seiner Handlungen ebenso berechtigt und verpflichtet, als ob ein wirksam bestellter Geschäftsführer gehandelt hätte, während der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer selbst den Pflichten und Verantwortlichkeiten eines wirksam bestellten Geschäftsführers unterliegt.[930]
Liegen die – im Detail umstrittenen – Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung vor, haftet der Handelnde gleich einem wirksam bestellten Geschäftsführer.[931] Im Einzelnen uneinheitlich wird beurteilt, inwieweit seine Handlungen die Gesellschaft berechtigen und verpflichten.[932]
Eine Insolvenzantragspflicht des faktischen Geschäftsführers nach § 15a InsO wird allgemein bejaht (dazu Rdn 526). Der faktische Geschäftsführer haftet auch für die Nichtabführung von Lohnsteuer nach §§ 34, 69 AO.[933] Das Fehlen einer formalen Organstellung schützt den faktischen Geschäftsführer nicht vor einer Verfolgung wegen geschäftsführertypischer Sonderdelikte, wie etwa Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) oder Bankrottdelikten (§§ 283 ff. StGB).[934]
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