Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 650
Besitzt ein Unternehmen mehr als 25 % der Aktien, ist dies der Gesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 1 AktG unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Ob die Aktien dem Unternehmen unmittelbar gehören oder ihm die Aktien nach §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 AktG zugerechnet werden, ist nicht gesondert offenzulegen. § 20 Abs. 2 AktG enthält für bestimmte Fälle Zurechnungsregeln. Die Mitteilungspflicht besteht auch im Falle der Gründung sowie insbesondere bei der Einmann-AG. Mitteilungspflichtig sind nur "Unternehmen" i.S.d. §§ 15 ff. AktG. Private sind von der Mitteilungspflicht nicht betroffen. Besondere Mitteilungspflichten bestehen für Kapitalgesellschaften nach § 20 Abs. 3 AktG und im Fall einer Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 16 Abs. 1 AktG nach § 20 Abs. 4 AktG.
Rz. 651
Ein Unternehmen erfüllt seine Mitteilungspflicht nach § § 20 Abs. 1 und Abs. 4 AktG nur dann ordnungsgemäß, wenn die Gesellschaft anhand der Mitteilung die Beteiligung und deren Inhaber ohne korrigierenden Eingriff bekannt machen kann, ohne dass in der Öffentlichkeit Zweifel entstehen, welche Art Beteiligung gemeint und wem sie zuzurechnen ist. Die Mitteilung muss dabei zeitlich mit dem Beteiligungserwerb zusammenfallen oder diesem unverzüglich nachfolgen. Eine bereits vor dem Erwerb der Beteiligung erfolgte Mitteilung oder eine sonstige Kenntnisnahme der Gesellschaft von dem Anteilserwerb genügt nicht.
Rz. 652
Die Gesellschaft hat das Bestehen einer solchen Beteiligung nach § 20 Abs. 6 AktG in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Mitteilungs- und bekanntmachungspflichtig ist schließlich auch, wenn eine solche Beteiligung nicht mehr besteht (§ 20 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 AktG).
Rz. 653
Unterbleibt eine ordnungsgemäße Mitteilung, sind die Rechte des mitteilungspflichtigen Unternehmens nach § 20 Abs. 7 AktG suspendiert. Erfasst sind von dem Rechtsverlust alle Verwaltungs- und Vermögensrechte, das Recht auf Dividende nach § 58 AktG und auf Abwicklungsbeteiligung nach § 271 AktG jedoch nur bei vorsätzlicher Missachtung der Meldepflicht.
Str. ist, ob bei einer Einmann-AG (oder darüber hinaus in allen Fällen) die Sanktionen des § 20 Abs. 7 AktG entfallen, wenn der Vorstand der AG die mitteilungsbedürftige Beteiligung von sich aus – aufgrund eigener Initiative oder anderweitiger Kenntnis – bekanntmache. Der BGH hat diese Frage offengelassen. Von daher ist es in jedem Falle ratsam, eine etwa unterlassene Mitteilungspflicht nachzuholen. Nur dann ist der Rechtsverlust nach § 20 Abs. 7 AktG sicher ausgeschlossen.
Leistungen, die entgegen diesem Verbot gewährt werden, können ausschließlich nach § 62 Abs. 1 AktG zurückgefordert werden. § 812 BGB gilt nicht.
Rz. 654
Keine Bedeutung haben diese Mitteilungspflichten für börsennotierte Unternehmen gem. § 21 Abs. 2 WpHG (§ 20 Abs. 8 AktG). Für sie gelten ausschließlich die wertpapierrechtlichen Mitteilungspflichten.
Rz. 655
Eine ähnliche Mitteilungspflicht besteht nach § 21 AktG für die AG selbst, sobald ihr mehr als 25 % der Anteile an einer anderen inländischen Kapitalgesellschaft gehören oder sie an einem anderen Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 16 Abs. 1 AktG hält (§ 21 Abs. 2 AktG). Unterbleibt die Mitteilung, sind die Rechte aus den Aktien ebenso wie bei einem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten nach § 20 AktG suspendiert (§ 21 Abs. 4 AktG). Der Rechtsverlust betrifft dabei nicht nur die meldepflichtige AG, sondern – anders als bei § 20 Abs. 7 AktG – auch die mittels § 16 Abs. 4 AktG zugerechneten Anteile. Für börsennotierte Unternehmen gelten ausschließlich die wertpapierrechtlichen Mitteilungspflichten (§ 21 Abs. 5 AktG).
Rz. 656
Ein Hauptversammlungsbeschluss, der unter Mitwirkung von nach §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 AktG nicht stimmberechtigten Aktionären gefasst wurde, ist anfechtbar; dies gilt auch, wenn sämtliche Aktionäre wegen § 20 Abs. 7 AktG kein Stimmrecht haben, der Beschluss also "stimmlos" gefasst wurde. Der Beschluss ist aber wirksam, da eine anfechtungsbefugte Person fehlt; auch liegt kein (nichtiger) Scheinbeschluss vor, denn auch der (stimmrechtslos) gefasste Beschluss ist ein wirksamer Beschluss, wenn er vom richtigen (zuständigen) Versammlungsleiter festgestellt wurde. Ob der Beschluss inhaltlich fehlerhaft ist und ihm deshalb die Wirksamkeit zu versagen ist, ist eine andere Frage. Umgekehrt schließt der temporäre Verlust der Rechte eines Aktionärs den Einwand des Rechtsmissbrauchs der anderen Aktionäre ihm ggü. nicht aus. Rechtsmissbräuchlich ist z.B. die handstreichartige Abhaltung einer Vollversammlung an einem Samstag durch die übrigen Aktionäre, um so eine anderenfalls nicht mögliche Beschlussfassung gegen die Interessen des mit seinen Rechten ausgeschlossenen Aktionärs zu erreichen und einer kurzfristig zu erwartenden Nachholung der Mitteilungspflichten zuvorzukommen. Einer solchen Hauptversammlung ist das Vollversammlungsprivileg des § 121 Abs. 6 AktG versagt.
Rz. 657
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