Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 968
Aufsichtsrat kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds ist nicht gesetzliche Voraussetzung, entspricht aber einer Empfehlung in Ziff. 5.4.2 DCGK. Die zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder müssen bestimmte, i.E. in den §§ 100, 105 AktG genannte Voraussetzungen erfüllen. Aufsichtsrat kann z.B. nicht sein, wer bereits 10 Aufsichtsratsmandate hat (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG), wer Mitglied des Vorstands oder Prokurist der Gesellschaft bzw. gesetzlicher Vertreter eines von der AG abhängigen Unternehmens ist (§§ 105, 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG) oder, wenn der Aufsichtsratskandidat gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, in deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der AG sitzt (Überkreuzverflechtung).
Der unmittelbare Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ist nur bei börsennotierten Gesellschaften unzulässig und das auch nur noch für eine Karenzzeit von 2 Jahren. Dieses Verbot gilt weiter nicht, wenn die Wahl in den Aufsichtsrat auf Vorschlag von Aktionären, die mehr als 25 % der Stimmrechte an der Gesellschaft halten, erfolgt (§ 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG).
Rz. 969
Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds, das diese persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist nichtig (§ 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG).
Rz. 970
Die Satzung kann weitere persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder anordnen, allerdings nur für Mitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder nach der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden (§ 100 Abs. 4 AktG, z.B. geordnete Vermögensverhältnisse, Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht). Str. ist, ob eine bestimmte Familienzugehörigkeit verlangt werden darf. Daneben gibt es besondere persönliche Voraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von mitbestimmten Gesellschaften (§ 100 Abs. 3 AktG).
Rz. 971
Unschädlich ist die bloße Mitgliedschaft im Aufsichtsrat eines abhängigen Unternehmens. Auch scheidet als Aufsichtsratsmitglied nicht schon aus, wer Vorstand eines konkurrierenden Unternehmens ist. Nach h.M. gibt es keine Mandatsunfähigkeit analog §§ 100, 105 AktG (str.). Anders ist es, wenn die Konkurrenzsituation dauerhaft die gesamte Tätigkeit und den wesentlichen Kernbereich der Gesellschaft betrifft.
Hinweis
Die vorstehenden Inkompatibilitätsvorschriften gelten nur für den tatsächlich im Amt befindlichen Aufsichtsrat. Für Ersatzmitglieder gelten diese Bestimmungen nicht schon bei ihrer Wahl, sondern erst, wenn das Ersatzmitglied in den Aufsichtsrat nachrückt. I.Ü. gilt hier der sog. Prioritätsgrundsatz, d.h. das zunächst bestehende Rechtsverhältnis schließt die Eingehung des späteren Rechtsverhältnisses aus. Das zuerst eingegangene Rechtsverhältnis ist und bleibt wirksam. Soll demgegenüber das zweite Rechtsverhältnis wirksam werden, muss das erste Rechtsverhältnis aufgegeben werden.
Rz. 972
Bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften i.S.d. § 264d HGB muss mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrates über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen (§ 100 Abs. 5 AktG.). Kapitalmarktorientierte Gesellschaften nach § 264d HGB sind solche, die einen organisierten Markt i.S.d. WpHG durch von ihr ausgegebene Wertpapiere in Anspruch nehmen oder die Zulassung solcher Wertpapiere zu einem organisierten Markt beantragt haben. Erfasst werden von dieser Neuregelung börsennotierte Gesellschaften.
Rz. 973
Ein Aufsichtsratsmitglied ist unabhängig, wenn es in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung, die einen Interessenkonflikt begründet, der sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte, zu der Gesellschaft, ihrem Mehrheitsaktionär oder deren Geschäftsführung steht. Der Aufsichtsrat soll selbst entscheiden können, ob seine Mitglieder unabhängig sind oder nicht. Folgende Punkte sind zu beachten:
Der Finanzexperte darf
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in den letzten 5 Jahren kein Vorstandsmitglied der Gesellschaft gewesen sein; |
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in den letzten 3 Jahren in der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sein, es sei denn, er gehört nicht zu den Führungskräften der Gesellschaft und ist im Rahmen eines gesetzlich anerkannten Systems der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat gewählt worden; |
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keine zusätzliche erfolgsabhängige Vergütung in bedeutendem Umfang erhalten mit Ausnahme der Vergütung als Aufsichtsrat; |
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kein Anteilseigner mit einer Kontrollbeteiligung sein oder einen solchen vertreten sowie zu der Gesellschaft oder verbundenen Gesellschaften kein Geschäftsverhältnis in bedeutendem Umfang haben; |
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kein Partner oder Angestellter des derzeitigen oder früheren externen Abschlussprüfers der Gesellschaft in den letzten 3 Jahren gewesen sein; |
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kein Vorstandsmitglied in einer anderen Gesellschaft sein, in der ein Vorstand der Gesellschaft Mitglied des Aufsichtsrates ist; |
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nicht länger als drei Amtszeiten (bzw. nicht länger als 12 Jahre) als Mitglied de... |