Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Allgemeines
Rz. 1839
Zum Schutz der Anleger und der Integrität der Kapitalmärkte sieht das Kapitalmarktrecht eine Reihe von Veröffentlichungspflichten vor. Damit soll gewährleistet werden, dass alle Interessenten ihre Anlageentscheidungen auf Grundlage derselben Informationsbasis treffen können. Geht es um die Ausgabe von Aktien, muss deshalb im Grunde vorab ein Prospekt veröffentlicht werden. Dieser Prospekt muss alle wesentlichen Informationen über den Emittenten sowie die anzubietenden Aktien enthalten. Sind wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig wiedergegeben, kann der Anleger unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz von denjenigen verlangen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben oder von deren Erlass der Prospekt ausgeht. Damit der mit der Prospektpflicht verfolgte auch tatsächlich gewährleistet ist, ist der Prospekt vor seiner Veröffentlichung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu prüfen.
Rz. 1840
Grundlage für die Erstellung, Billigung und Geltung von Wertpapierprospekten in Deutschland ist das Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Inhalt und Aufmachung der Prospekte werden durch die europäische Prospektverordnung Nr. (EG) 809/2004 konkretisiert, die im Gegensatz zu einer Richtlinie nicht in deutsches Recht umgesetzt werden muss, sondern unmittelbar europaweit gilt.
bb) Öffentliches Angebot
Rz. 1841
Prospektpflichtig ist nur ein öffentliches Angebot. Ein öffentliches Angebot ist gem. § 2 Nr. 4 Halbs. 1 WpPG eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden.
cc) Übersicht über Verfahren, Kosten, Prospektinhalt
(1) Verfahren
Rz. 1842
Nach dem WpPG hat die BaFin als Aufsichtsbehörde das Recht, von den Emittenten alle Informationen zu verlangen, um die Einhaltung der Prospektpflicht zu gewährleisten (§ 26 Abs. 2 WpPG).
Besteht eine Prospektpflicht, darf der Anbieter Wertpapiere erst dann öffentlich anbieten, wenn er zuvor einen Prospekt veröffentlicht hat (§ 3 Abs. 1 WpPG). Vor einer Veröffentlichung des Prospekts, muss er durch die BaFin gebilligt werden (§ 8 WpPG).
Rz. 1843
Für die Prospektprüfung sind diverse Unterlagen (Papierfassung) bei der BaFin am Dienstsitz Frankfurt am Main einzureichen.
(2) Kosten
Rz. 1844
Die Gebühren für die Billigung eines Wertpapierprospektes für ein öffentliches Angebot und die Zulassung von Aktien betragen derzeit 6.500,00 EUR (vgl. WpPGebV).
(3) Inhalt
Rz. 1845
Der Prospekt muss sämtliche Angaben enthalten, die für die Investitionsentscheidung des Anlegers im Hinblick auf den Emittenten und die konkreten Wertpapiere erforderlich sind.
Rz. 1846
Darüber hinaus sind immer in einem gesonderten Abschnitt Risikofaktoren zu beschreiben, die für den Emittenten sowie für die anzubietenden oder zuzulassenden Wertpapiere von Bedeutung sind. Relativierungen, etwa durch die gleichzeitige Beschreibung von Chancen, sind nicht zulässig. Schließlich ist dem Prospekt eine Zusammenfassung voranzustellen, welche direkt auf das obligatorische Inhaltsverzeichnis folgt.
dd) Verstöße gegen die Prospektpflicht
Rz. 1847
Wird gegen die Prospektpflicht verstoßen, kann die BaFin das Angebot untersagen (§ 26 Abs. 1 WpPG). Daneben können zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen den Emittenten bestehen. Schließlich begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der Wertpapiere ohne Veröffentlichung eines Prospekts öffentlich anbietet (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 WpPG).
ee) Prospektpflicht auch bei der Ausgabe von Bezugsrechtsaktien
Rz. 1848
Infolge einer Änderung der europäischen Prospektrichtlinie und der EU-Prospektverordnung nimmt die BaFin nunmehr auch bei Bezugsrechtsemissionen (vgl. § 186 AktG) eine Prospektpflicht an.