Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1088
Bestand und Zuordnung der Mitgliedschaft zu einem Aktionär werden nicht dadurch berührt, dass die Rechte aus den Aktien nicht bestehen, z.B. in §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 sowie 71b AktG (ggf. i.V.m. § 71d Satz 4 AktG), § 28 WpHG und § 59 WpÜG.
Rz. 1089
Solange ein Unternehmen seine Mitteilungspflichten aus § 20 AktG nicht erfüllt hat, ruhen die Rechte aus den Aktien. Str. ist, ob diese Rechtsfolge nur eintritt, wenn den Mitteilungspflichtigen ein Verschulden trifft. Die Schwere der Rechtsfolgen kann jedoch nicht dazu führen, in § 20 Abs. 7 AktG ein Verschuldenserfordernis hineinzuinterpretieren, zumal das Gesetz für die Ansprüche auf Dividende und Liquidationserlös eine Ausnahme für nicht vorsätzlich unterlassene, aber nachgeholte Mitteilungen macht. Der Rechtsverlust ist insbesondere dann prekär, wenn im Hinblick auf nach § 20 Abs. 2 AktG zugerechnete Aktien die Mitteilungspflichten von dem aus der Kaufoption Berechtigten bzw. Verpflichteten nicht erfüllt wurden: Dann ist nicht auszuschließen, dass auch die Rechte des Inhabers der Aktien ruhen, da § 20 Abs. 7 AktG keine § 28 Satz 1 WpHG entsprechende Einschränkung enthält.
Rz. 1090
Ungleich problematischer als § 20 AktG sind § 71d AktG und bei börsennotierten Gesellschaften § 28 WpHG. Der Versammlungsleiter kann nicht ohne Weiteres erkennen, welche Aktien vom Ruhen der Rechte betroffen sind, weil sie von einem Dritten für Rechnung der AG oder einer ihrer Tochtergesellschaften gehalten werden und die Rechte daher gem. §§ 71d Satz 4, 71b AktG ruhen, oder welche Aktien nach § 22 WpHG zugerechnet werden und bei unterbliebener Stimmrechtsmitteilung gem. § 28 WpHG nicht teilnahme- und stimmberechtigt sind. Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass § 28 Satz 3 und 4 WpHG bei schuldhaftem Unterlassen einer Stimmrechtsmitteilung und einer Abweichung von mehr als 10 % zum bereits gemeldeten Stimmrechtsbestand das Ruhen der Rechte für weitere 6 Monate (gerechnet ab der nachgeholten Stimmrechtsmitteilung) anordnet.
Rz. 1091
Ruhen die Rechte aus Aktien, besteht kein Teilnahmerecht des Aktionärs und er kann weder Rede- und Auskunftsrecht noch Stimmrecht ausüben. Der Versammlungsleiter entscheidet, ob die Rechte aus den Aktien ruhen und der betreffende Aktionär demzufolge kein Teilnahmerecht etc. hat.
Rz. 1092
Ruht das Stimmrecht und nimmt der Aktionär gleichwohl an der Abstimmung teil, sind diese Stimmen bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht zu berücksichtigen. Werden sie berücksichtigt, ist der Beschluss der Hauptversammlung anfechtbar, wenn diese Stimmen für das Zustandekommen des Beschlusses relevant waren. Waren sämtliche Aktionäre z.B. nach § 20 AktG mitteilungspflichtig und haben sie ihre Mitteilungspflichten nicht erfüllt, sind die Beschlüsse der Hauptversammlung weder Scheinbeschlüsse noch nichtig, sondern nach (zweifelhafter) Auffassung der Rspr. lediglich anfechtbar.
Rz. 1093
In Hinblick auf das Dividendenbezugsrecht und das Recht auf Anteil am Liquidationserlös bestimmen die §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4, § 28 WpHG und § 59 WpÜG, dass die daraus resultierenden Ansprüche (nachträglich) geltend gemacht werden können, wenn die zum Rechtsverlust führende Unterlassung nicht vorsätzlich erfolgten und die betreffende Mitteilung bzw. Veröffentlichung oder das Pflichtangebot nachgeholt wurde. Das Ruhen der Rechte bewirkt nicht, dass sich der Gewinnanspruch der übrigen Aktionäre erhöht.