Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
1. Kapitalerhöhung gegen Einlagen
Rz. 381
Die Kapitalerhöhung gegen Erbringung neuer Bar- oder Sacheinlagen ist die einzige Möglichkeit eines in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmens zur Beschaffung neuer Eigenmittel von Außen ("Außen-Eigenfinanzierung") und kann gem. § 55a GmbHG auch durch Schaffung genehmigten Kapitals erfolgen. Die zweite Form der Kapitalerhöhung, die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 57c GmbHG), führt demgegenüber nicht zur Zuführung neuer Eigenmittel, sondern nur zur Umbuchung freier Rücklagen in gebundenes Stammkapital (sog. nominelle Kapitalerhöhung) im Wege der "Innen-Eigenfinanzierung".
Rz. 382
Das Verfahren der Kapitalerhöhung gegen Einlagen vollzieht sich – sieht man von weniger bedeutsamen Einzelheiten ab – in fünf Schritten:
1) |
Zunächst ist ein satzungsändernder Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Kapitalerhöhung gem. §§ 53, 55 GmbHG erforderlich. |
2) |
Der nächste Schritt ist die Zulassung der Übernehmer zur Zeichnung des Erhöhungsbetrages, auch wenn dies in der Praxis meist zugleich mit dem Erhöhungsbeschluss geschieht. |
3) |
Danach erfolgt die tatsächliche Übernahme des Erhöhungsbetrags sowie ggf. auch sonstiger Leistungen durch die Gesellschafter oder Dritte gem. § 55 GmbHG. |
4) |
Im vierten Schritt müssen die Zeichner auf die übernommenen Einlagen gem. § 57 Abs. 2 GmbHG tatsächlich leisten. |
5) |
Als Letztes muss die Erhöhung zur Eintragung im Handelsregister gem. § 57 GmbHG angemeldet und anschließend eingetragen werden. |
Dabei birgt jedes dieser Stadien des Erhöhungsverfahrens Fehlerquellen, die es zu vermeiden gilt bzw. auf welche die Parteien vom juristischen Berater aufmerksam zu machen sind.
Rz. 383
Die Erhöhung des Stammkapitals erfolgt durch eine Satzungsänderung, da der Betrag des Stammkapitals nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG wesentlicher Bestandteil des Gesellschaftsvertrages ist. Nach § 53 GmbHG muss daher ein Gesellschafterbeschluss über die Kapitalerhöhung gefasst werden.
Die Änderung oder Aufhebung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses richten sich nach den allgemeinen Vorschriften. Ein Änderungsbeschluss muss also nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG mit satzungsändernder Mehrheit gefasst und notariell beurkundet werden. Ein Aufhebungsbeschluss ist bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung nach herrschender Lehre auch mit einfacher Mehrheit und formlos möglich. Die Gegenauffassung verlangt für die Aufhebung jedoch eine satzungsändernde Mehrheit. Nach der Eintragung der Kapitalerhöhung gelten für eine Aufhebung einhellig die Vorschriften über Satzungsänderungen gem. §§ 53, 58 ff. GmbHG.
2. Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung der Kapitalerhöhung
Rz. 384
Es wird kontrovers diskutiert, ob die Beschlüsse einer Versammlung von Anteilseignern einer Kapitalgesellschaft einer materiellen richterlichen Kontrolle unterliegen, d.h. einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Die kapitalgesellschaftsrechtlichen Normen sehen eine solche materielle Inhaltskontrolle jedoch nicht vor.
Rz. 385
Eine Kapitalerhöhung führt zur Entstehung neuer bzw. zur Erhöhung bereits bestehender GmbH-Anteile. In der Folge vermindert sich die Beteiligungsquote der Gesellschafter, die an der Erhöhung – aus welchen Gründen auch immer – nicht teilnehmen, an der Gesamtzahl aller Geschäftsanteile, sodass deren Stimmkraft in der Gesellschafterversammlung herabgesetzt wird (sog. "Verwässerung"). Das Gleiche gilt auch für den Anteil am Gewinn bzw. am Liquidationserlös, da auch dieser sich am Grad der Beteiligung orientiert.
Rz. 386
Daraus schlussfolgerten Stimmen in der Lit., dass jegliche Mehrheitsentscheidung aus Gründen des Minderheitenschutzes einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Die Rspr. hat zu Recht – soweit ersichtlich – eine Notwendigkeit der sachlichen Rechtfertigung jedweder Mehrheitsentscheidung nicht bejaht, sondern verlangt einen sachlichen Grund nur in besonders gelagerten Fällen. So hat der BGH in der sog. "Kali & Salz"-Entscheidung einen sachlichen Grund verlangt für einen Ausschluss des Bezugsrechtes bei einer Kapitalerhöhung einer AG, eine Kapitalherabsetzung und für Beschlüsse, die eine rechtliche oder faktische Abhängigkeit der Gesellschaft von Dritten zur Folge haben. Für andere Fallgruppen lehnt die Rspr. eine richterliche Inhaltskontrolle ab, so für den Auflösungsbeschluss und die vereinfachte Kapitalherabsetzung.