Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
1. Liquidation im Gründungsstadium
Rz. 519
Auf die Vor-GmbH, also eine bereits gegründete, aber noch nicht eingetragene GmbH, findet grds. das GmbH-Recht Anwendung, sofern dieses nicht die Eintragung voraussetzt. Das Recht der GmbH wird allerdings nicht mehr angewendet, wenn die Absicht der Eintragung der GmbH im Handelsregister aufgegeben wird und trotzdem das Unternehmen der Gesellschaft fortgeführt bzw. nicht liquidiert wird. Auf eine solche Vor-GmbH findet regelmäßig das Recht der OHG bzw. der GbR Anwendung.
Nach ganz h.M. können Änderungen des Gesellschaftsvertrages der Vor-GmbH nicht durch satzungsändernden Beschluss nach §§ 53 ff. GmbHG, sondern nur durch Vereinbarung aller Gesellschafter gem. § 2 GmbHG erfolgen. Dies muss erst recht für die Aufhebung einer GmbH-Satzung gelten. Zumindest für den Fall, dass die GmbH-Gründung endgültig zu scheitern droht oder schon als gescheitert anzusehen ist, gesteht der BGH den Gesellschaftern in analoger Anwendung von 2 und 3 Nr. 1 BGB ein Recht zur Kündigung der Vorgesellschaft aus wichtigem Grund mit der Folge der Auflösung zu.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Liquidation erforderlich ist. Soweit die Vor-GmbH mangels Einbringung von Einlagen weder Vermögenswerte erworben hat noch Verbindlichkeiten eingegangen ist, erscheint eine Liquidation entbehrlich. Andernfalls sollte die erforderliche Liquidationsvereinbarung zwischen allen Gesellschaftern geschlossen werden.
Rz. 520
Umstritten ist, nach welchen Vorschriften die Abwicklung einer Vor-GmbH stattfindet, wenn die Vor-GmbH nicht mehr im Handelsregister eingetragen werden soll und auch sonst keine Geschäfte mehr betreibt.
Nach der in der Lit. herrschenden Meinung sollen auf die Abwicklung der Vor-GmbH grds. die Vorschriften der Abwicklung einer GmbH Anwendung finden, namentlich also die §§ 66 ff. GmbHG. Dem hat sich wohl auch der BGH im Grundsatz angeschlossen. Folgt man der Auff. der herrschenden Lehre, müssen auch die §§ 65 Abs. 2, 73 GmbHG beachtet werden. Nur § 65 Abs. 1 GmbHG dürfte von der Eintragung im Handelsregister abhängen und insofern keine Anwendung auf die Vor-GmbH finden.
Im Ergebnis bestehen berechtigte Gläubigerschutzinteressen bei der Auflösung einer Vor-GmbH gleichermaßen wie bei der Liquidation einer GmbH. Es ist zumindest der gleiche Schutz wie bei einer eingetragenen GmbH zu gewähren. Insofern müssen die Gläubiger der Vor-GmbH, die im Vertrauen darauf, dass ihr Schuldner bereits ein geschütztes Haftkapital hat oder eine persönliche Verlustdeckungshaftung oder Differenzhaftung der Gesellschaft eingreift, von der Auflösung der Vor-GmbH unterrichtet werden. Zunächst müssen also die Gläubiger nach § 70 GmbHG befriedigt und das restliche Vermögen nach § 72 GmbHG verteilt werden. Unter dem gleichen Gesichtspunkt erscheint auch die Einhaltung des Sperrjahres nach § 73 GmbHG erforderlich.
2. Weitere Rechtsfragen zur Liquidation
Rz. 521
Die Auflösungsgründe für die GmbH ergeben sich aus § 60 GmbHG. Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der Auflösung der Gesellschaft um einen mehraktigen Vorgang handelt, soweit nicht das Gesetz Liquidation und Auflösung zusammenfallen lässt, wie in Verschmelzungs- und Umwandlungsfällen oder der Löschung kraft Gesetzes.
Im Normalfall folgt auf den Liquidationsbeschluss der Gesellschaft die Auflösung. Mit dem Liquidationsbeschluss ändert die Gesellschaft ihren Zweck von einer werbenden hin zu einer auf Abwicklung gerichteten Gesellschaft. Gem. § 60 Abs. 1 Nr. 1 GmbH kann die Gesellschaft auch durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit aufgelöst werden und tritt dann automatisch ipso iure in Liquidation.
Der Auflösungsbeschluss bedarf nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG grds. einer ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen, aber keiner besonderen Form. Satzungen enthalten häufig Beschlussquoren und abweichend höhere Mehrheiten (nicht selten sogar Einstimmigkeit) für den Auflösungsbeschluss. Sind derartige Mehrheit...