Dr. iur. Stephanie Herzog, Matthias Pruns
I. Legitimationsmöglichkeiten von Bevollmächtigten und Erben
Rz. 1
Die rechtliche bisher ungeklärte Situation in Bezug auf den digitalen Nachlass, lässt den Ruf nach der Gestaltungspraxis lauter werden. Tatsächlich bietet eine rechtzeitige Gestaltung bisher die einzige Möglichkeit, ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu erhalten. Allein deshalb ist jeder Berater schon heute gehalten, den digitalen Nachlass in die Vermögensvorsorge mit einzubeziehen.
Nach dem Stand der bisherigen Diskussion in der Literatur ist es unstreitig möglich, bindende Anordnungen für den Umgang mit dem digitalen Nachlass zu treffen. Dafür kommen die allgemeinen Gestaltungsmittel in Betracht: Vereinbarungen mit den Vertragspartnern, (Vorsorge-)Vollmachten und letztwillige Verfügungen.
Rz. 2
Unterschiedlich beantwortet wird in der Literatur allerdings die Frage, was gilt, wenn keine Regelung vorliegt: Während die einen davon ausgehen, dass Bevollmächtigte und Erben an die Daten nur dann herankommen, wenn der Berechtigte dies in entsprechenden Verfügungen vorgesehen hat, geht die Gegenansicht davon aus, dass eine Verfügung erforderlich ist, um die Daten vor Bevollmächtigten und/oder Erben geheim zu halten. Schon dieser Befund zeigt, dass eine vorsorgende Gestaltung unerlässlich ist.
Rz. 3
Eine solche kann digitale Inhalte des Nachlasses der Verwaltung durch bestimmte Personen unterstellen oder bestimmten Personen – sei es durch Auflage, Vermächtnis oder Teilungsanordnung – i.R.d. Nachlassauseinandersetzung zuordnen. Durch – transmortale – (Vorsorge-)Vollmachten können bestimmte Personen benannt werden, die sich treuhänderisch für den Vollmachtgeber bzw. postmortal für dessen Erben um die Verwaltung der digitalen Inhalte kümmern. Letzteres kann auch durch Vereinbarungen mit den Anbietern geschehen. Individualvertragliche Vereinbarungen werden hier aufgrund der faktischen Gegebenheiten ausscheiden. Aber einige Provider sehen inzwischen Onlineformulare vor, mittels derer bestimmte Personen (wenn auch eingeschränkt) als Ansprechpartner vorgesehen werden können. Zu nennen wären hier etwa der "Kontoinaktivitätsmanager" von Google oder der "Nachlasskontakt" bei Facebook. All diese Mittel legitimieren Bevollmächtigte bzw. Rechtsnachfolger (oder Vertreter kraft Amtes) für den (späteren) Erblasser.
II. Rechte der Kommunikationspartner – Auswirkungen des KG-Urteils
Rz. 4
In diesem Zusammenhang könnte die Entscheidung des KG zum Facebook-Fall allerdings unbedachte Konsequenzen haben: Das KG hatte maßgeblich darauf abgestellt, dass die Verschaffung von Zugang an die Erben zumindest am Fernmeldegeheimnis der Kommunikationspartner scheitert. Würde sich diese Ansicht – entgegen der hier vertretenen Ansicht und der bis dato herrschend gewordenen Lehre – durchsetzen, so könnten letztlich auch die hier genannten gestaltenden Instrumente nicht weiterhelfen; denn die Legitimation durch den Erblasser verschafft keine Berechtigung gegenüber dem Kommunikationspartner.
Rz. 5
Dass die Rechte der Kommunikationspartner nicht in rechtswidriger Weise verletzt werden, haben wir oben gezeigt (siehe § 4 Rdn 40 ff.). Letztlich sehen auch die Anbieter dies nicht so. Das offenbart sich darin, dass inzwischen einige AGB vorsehen, dass Dritte benannt werden können, die sich um das Konto des Verstorbenen kümmern (siehe etwa Googles Inaktivitätsmanager und der oben schon genannte Nachlasskontakt bei Facebook). Zwar kann der Nachlasskontakt bei Facebook nicht ermächtigt werden, sich wie der Erblasser einzuloggen oder dessen Nachrichten zu lesen. Er kann aber sehr wohl eine Kopie der geteilten Inhalte herunterladen. Und auch Googles Kontoinaktivitätsmanager sieht vor, Daten mit der Vertrauensperson zu teilen. Zudem sehen so gut wie alle Dienste vor, Nachrichten weiterzuleiten und zu teilen (gerade das Teilen ist zumindest bei sozialen Netzwerken geradezu maßgeblicher Inhalt der Dienste). Die Anbieter sehen es also – entgegen der von ihnen vo...