Rz. 25
Gem. § 490 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht über den Antrag nach freigestellter mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 4 ZPO) durch Beschluss. Ein stattgebender Beschluss nach § 490 Abs. 2 ZPO entspricht inhaltlich einem Beweisbeschluss (§ 359 ZPO). Der Beschluss nach § 490 Abs. 2 ZPO ist ebenfalls wie ein Beweisbeschluss nicht anfechtbar. Allerdings behält sich der BGH in seinem Urt. v. 4.5.2022 die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde in eng umrissenen Ausnahmefällen vor. Demnach ist eine sofortige Beschwerde jedenfalls dann statthaft, wenn bereits durch den Beweisbeschluss Grundrechte einer Partei verletzt werden, die im weiteren Verfahren nicht mehr oder nur unvollständig wiederhergestellt werden können.
Rz. 26
Ein abweisender Beschluss ergeht bei Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 485 – 487 ZPO oder bei Ungeeignetheit des Beweismittels. Eine Abweisung wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit oder fehlender Beweisbedürftigkeit kann jedoch nicht erfolgen, da deren Prüfung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
Rz. 27
Statthafter Rechtsbehelf gegen den ablehnenden Beschluss ist die sofortige Beschwerde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Der Antragsgegner kann ebenfalls sofortige Beschwerde bei Zurückweisung des Gegenantrags stellen. Ferner ist die sofortige Beschwerde zulässig, wenn ein Antrag der Parteien auf mündliche Erläuterung des Gutachtens (vgl. § 411 Abs. 3 ZPO) zurückgewiesen wird. Bestellt das Gericht den vom Antragssteller benannten Sachverständigen nicht, so kann der Antragsteller dagegen nicht sofortige Beschwerde einlegen. Dem Antragsgegner ist es jedoch nicht verwehrt, die Zulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens und des Beweisbeschlusses zu rügen. Er kann dann im Rahmen einer "Gegenvorstellung" schriftliche Einwendungen vorbringen, die auf die Änderung oder Aufhebung des Beschlusses abzielen.
Rz. 28
Das selbstständige Beweisverfahren ist mit der sachlichen Erledigung der Beweissicherung beendet. Die sachliche Erledigung kann zum einen durch den Abschluss eines Vergleiches erfolgen, zum anderen durch die Bekanntgabe des Beweisergebnisses oder die Übersendung eines Abdruckes des schriftlichen Gutachtens an die Beteiligten, solange weder Ergänzungsfragen gestellt noch die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erörterung des Gutachtens verlangt wurden. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Gericht die Fortsetzung der Begutachtung ablehnt. Die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens muss nicht formal ausgesprochen werden und bedarf keines gerichtlichen Beschlusses. Hat das Gericht einer Partei gemäß §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 S. 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme zum Gutachten gesetzt, diese ordnungsgemäß zugestellt und auf die Rechtsfolge bei Nichtbeachtung ordnungsgemäß hingewiesen, endet das Beweisverfahren nach fruchtlosem Ablauf dieser Stellungnahmefrist. Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit der Frist sind in erster Linie die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere der Umfang und die Schwierigkeit der Beweisfragen sowie die Verständlichkeit des Gutachtens. Generell wird dabei ein Zeitraum von einem bis zu sechs Monaten für angemessen gehalten, in der Regel jedoch nicht mehr als drei Monate.
Rz. 29
Eine Besonderheit in Bezug auf die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ergibt sich bei der Einholung mehrerer Sachverständigengutachten. Werden verschiedene Gutachten wegen mehrerer voneinander unabhängiger Mängel desselben Bauvorhabens eingeholt, endet nach Ansicht der herrschenden Meinung die Beweissicherung in Bezug auf jeden dieser Mängel mit der Übersendung des auf diesen Mangel bezogenen Gutachtens. Dies führt dazu, dass kein einheitliches Ende eines selbstständigen Beweisverfahrens besteht.
Dagegen wendet sich nun das OLG Stuttgart in seiner aktuellen Entscheidung v. 30.11.2021. Demnach endet die Verjährungshemmung der Ansprüche hinsichtlich einzelner Mängel einheitlich mit dem Abschluss des Verfahrens. Es gebe keinen Grund, die Verjährung einzelner Mängel zu verschiedenen Zeitpunkten weiterlaufen zu lassen, wenn diese im Rahmen eines einheitlichen selbstständigen Beweisverfahrens anhängig gemacht werden. Etwas anderes solle nur gelten, sofern das Gericht deutlich macht, dass das Verfahren hinsichtlich einzelner Mängel schon vorher beendet sein soll.
Zwar hat das Berufungsgericht die Revision hinsichtlich der Frage, wann die Verjährungshemmung endet, zugelassen, diese wurde von dem BGH allerdings als unzulässig verworfen, sodass es zunächst offenbleibt, ob dieses Urteil zu einer grundlegenden Änderung der Rechtsprechung führt.
Rz. 30
Die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ist für die Verjährung der in der Hauptsache verfolgten Ansprüche von Bedeutung. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB hemmt die Zustellung des Antrages auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens die Verjährung. Dabei hemmt das selbstständige Beweisverfahren nur dann di...