Dr. Lutz Förster, Dennis Ch. Fast
Rz. 71
Die Gebührenabrechnung auf der Grundlage einer Zeitvereinbarung ist mittlerweile in der Praxis üblich und häufig auch gewünscht. Im erbrechtlichen Mandat wird die Zeitvereinbarung bevorzugt, weil sie den angemessenen Ausgleich zwischen Arbeitsaufwand und der Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts darstellt. Speziell im Bereich der beratenden Tätigkeit kann durch die Anknüpfung an den Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts für den Mandanten wie auch den Rechtsanwalt selbst die Höhe der Vergütung nachvollziehbarer werden. Insoweit fängt die Zeitvereinbarung die Schwachstelle der Pauschalvereinbarung auf. Allerdings kann der Rechtsanwalt hier mit der fehlenden Durchsetzbarkeit seiner Gebührenansprüche im Streitfall konfrontiert werden. Der Rechtsanwalt muss stets den Nachweis des geleisteten und damit abzurechenden Zeitaufwands erbringen. Damit im Einzelnen ein Streit unterbunden wird und der Nachweis gelingt, sollte der Rechtsanwalt
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ein auch den Mandanten überzeugendes System der Zeitaufzeichnung (Zeittaktklausel, Höhe des Stundensatzes sowie Dokumentation) besitzen und |
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ein Vertrauensverhältnis zu dem Mandanten aufbauen, damit ein Streit über die geleisteten Stunden nicht aufkommt. |
a) Zeittaktklausel
Rz. 72
Der Rechtsanwalt muss für eine transparente Abrechnung mit dem Mandanten eine Zeiteinheit festgelegen, nach der im Einzelfall abgerechnet werden soll. Bei einer Abrechnung nach Stunden sollte festgelegt werden, wie viele Minuten eine Stunde als Abrechnungseinheit besitzt und welche Zeiteinheit berechnet werden soll, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter einer Stunde liegt. In der Praxis wurde hier häufig eine Abrechnung im Viertelstundentakt vorgenommen. Diese Abrechnungspraxis ist in der unterinstanzlichen Rechtsprechung als eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten im Sinne von § 307 BGB gewertet worden, sofern es um eine formularmäßige Klausel ging. Beispielweise führte das OLG Düsseldorf aus, dass die Abrechnung jeder angefangener Minuten eines Viertelstundentakts zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips von Leistung und Gegenleistung sowie zu einer eigensüchtigen Aufblähung des Zeitaufwands ohne Rücksicht auf das Wirtschaftlichkeitsgebot führt. Der BGH hat jüngst entschieden, dass eine formularmäßig vereinbarte Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam ist. Der Mandant ist typischerweise beim Abschluss von anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen in besonderem Maße schutzbedürftig.
Rz. 73
Die Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel lässt aber die Wirksamkeit der Vereinbarung des Zeithonorars unberührt, § 306 BGB, da das Zeithonorar und die Zeittaktklausel nicht untrennbar zusammenhängen. Insoweit ist die Abrechnung des tatsächlichen Aufwands nach dem vereinbarten Stundensatz ohne weiteres möglich, soweit der darlegungs- und beweisbelastete Rechtsanwalt nachweisen kann, dass die berechnete Vergütung tatsächlich entstanden ist.
Rz. 74
Die Entscheidung des BGH bezieht sich ausschließlich auf das Verbrauchermandat; der unternehmerische Verkehr wird hiervon ausgenommen. Dennoch dürfte es sich empfehlen, auch im unternehmerischen Rechtsverkehr zurückhaltend von einer Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel Gebrauch zu machen. Der BGH steht einer solchen Klausel aufgrund der Missbrauchsmöglichkeit, die unabhängig von der Frage einer Verbraucher- oder Unternehmereigenschaft sein dürfte, kritisch gegenüber. Welche Zeittaktklausel der BGH hingegen für wirksam hält, wird nicht beantwortet. Gängig dürfte eine Zeittaktklausel von sechs, fünf bzw. zehn Minuten oder eine minutengenaue Abrechnung sein.
b) Höhe des Stundensatzes
Rz. 75
Für die Bestimmung der Angemessenheit eines Stundensatzes existiert kein allgemeingültiges Patentrezept. Vielmehr muss die Höhe des Stundensatzes im Einzelfall unter der besonderen Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Kriterien und den Verhältnissen des Rechtsanwalts getroffen werden. Bei der Bemessung des Stundensatzes müssen die Personal- und Sachkosten des Rechtsanwalts, seine Qualifikation und Erfahrung, sein Status als Partner oder angestellter Mitarbeiter, der Schwierigkeitsgrad der Sache sowie die...