Dr. Lutz Förster, Dennis Ch. Fast
1. Verfahrensgebühr
Rz. 114
Die Vergütung des bestellten Rechtsanwalts richtet sich nach Nr. 3100 VV RVG. Die Gebühr entsteht bereits mit der ersten Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nach Erteilung des Auftrags ausübt. In der Regel beginnt dies mit der Entgegennahme der Information durch den Mandanten. In jedem Fall hat der Anwalt die Gebührenhöhe von 1,3 verdient bei folgenden Tätigkeiten:
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Einreichung der Klage bei Gericht, |
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Einreichung eines Schriftsatzes, der Sachanträge oder Sachvortrag enthält und bei |
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Einreichung eines Schriftsatzes, mit dem die Klage oder der Antrag zurückgenommen wird. |
Die Gebühr ermäßigt sich auf 0,8, wenn der erteilte Auftrag vorzeitig endet, gem. Nr. 3101 VV RVG. Vertritt der Anwalt mehrere Personen in derselben Angelegenheit, erhöht sich die Verfahrensgebühr gem. Nr. 1008 VV RVG um 0,3 für jeden weiteren Auftraggeber. Hierbei dürfen mehrere Erhöhungen jedoch einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen, Nr. 1008 Abs. 3 Hs. 1 VV RVG.
2. Differenzverfahrensgebühr
Rz. 115
Werden im Rahmen einer gerichtlichen Einigung auch nicht rechtshängige Ansprüche abgegolten, entsteht aus dem Wert dieser Ansprüche die 0,8 Differenzverfahrensgebühr, Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG. Hierbei ist jedoch die Höchstgrenze nach § 15 Abs. 3 RVG zu beachten.
3. Terminsgebühr
Rz. 116
Für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin sowie für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termin erhält der Anwalt eine 1,2 Gebühr gem. Nr. 3104 VV RVG. Hierbei ist das Anfallen der Gebühr unabhängig davon, ob streitige oder nicht streitige Anträge gestellt werden. Auch bei einer bloßen Erörterung der Sach- und Rechtslage fällt die Gebühr i.H.v. 1,2 an. Ebenso erhält der Anwalt eine Terminsgebühr, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Der Anwalt erhält die Terminsgebühr in diesen Fällen, weil das Aushandeln eines schriftlichen Vergleichs regelmäßig mit ähnlicher Arbeit verbunden ist wie ein Vergleichsschluss in mündlicher Verhandlung.
Rz. 117
Darüber hinaus dient die Terminsgebühr als Anreiz für eine außergerichtliche Einigung der Parteien und damit der Entlastung der Gerichte. Die Terminsgebühr kann selbst dann entstehen, wenn der Anwalt keinen Gerichtstermin wahrnimmt, jedoch Klageauftrag erhalten hat und anschließend mit der Gegenseite telefoniert, um ein Klageverfahren zu vermeiden. Schwierigkeiten können dann auftreten, wenn der Anwalt im Streitfall nachweisen muss, dass diese außergerichtlichen Verhandlungen tatsächlich stattgefunden haben. Es ist daher ratsam, die Gespräche schriftlich zu bestätigen oder protokollieren zu lassen, um im Zweifelsfall den Nachweis erbringen zu können. Erfolgen Besprechungen, ohne dass ein Prozessauftrag erteilt wurde, fällt lediglich die Geschäftsgebühr und keine Terminsgebühr an. Die Terminsgebühr entsteht auch, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, aber die Voraussetzungen von § 495a ZPO vorliegen oder in einem Verfahren ein schriftlicher Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird.
Rz. 118
Eine Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins im Sinne der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 der Anlage 1 RVG liegt vor, wenn der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist.
4. Einigungsgebühr
Rz. 119
Wirkt der Anwalt bei einer gerichtlichen Einigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens mit, erhält er eine 1,0 Gebühr gem. Nr. 1003 VV RVG. Der Gegenstandswert ist hier der Wert der rechtshängigen Ansprüche. Der Anwalt kann im gerichtlichen Verfahren jedoch auch noch eine 1,5 Gebühr nach Nr. 1000 VV RVG verdienen, wenn im Gerichtsverfahren zusätzlich nicht rechtshängige Ansprüche mit verglichen werden. Die Berechnung der Gebühr erfolgt dann nach dem Wert der nicht rechtshängigen Ansprüche. Die Gebühren nach den Nr. 1000 und 1003 VV RVG stehen dann nebeneinander. Sie dürfen jedoch nicht höher sein als eine 1,5 Gebühr nach dem zusammengerechneten Wert. Für den Fall, dass mehrere Gebührensätze aufeinandertreffen, bedarf es einer Prüfung von § 15 Abs. 3 RVG.
Rz. 120
Mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz von 2021 hat der Gesetzgeber zudem klargestellt, dass in allen Fällen, in denen dem Rechtsanwalt eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr zusteht, auch bei einem privatschriftlichen Vergleich, die fiktive Terminsgebühr entsteht, wenn diese Einigung oder Erledigung in einem Verfahren erfolgt, für welches die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
Zitat
"Für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 VV RVG genügt der Abschluss eines außergerichtlichen schriftlichen Vergleichs; nicht erforderlich ist, dass der Vergleich protokolliert oder sein Zustandekommen gem. § 278 Abs. 6 ZPO seitens des Gerichts festgestellt wi...