Rz. 50
Bei Zahlung von 900 EUR Ehegattenunterhalt verbleiben M 1.600 EUR (2.500 – 900 EUR).
a) Ehegattenmindestselbstbehalt
Rz. 51
Beim Selbstbehalt gegenüber einem Ehegatten ist zu beachten, dass der in den Leitlinien genannte Betrag von 1.280 EUR nur ein Mindestbetrag ist. Ansonsten entspricht der eigene angemessene Unterhalt i.S.v. § 1581 (eheangemessener Selbstbehalt) betragsmäßig dem eheangemessenen Unterhalt i.S.v. § 1578 Abs. 1 S. 1 (vgl. hierzu auch Fall 18, siehe § 3 Rdn 85).
b) Eheangemessener Selbstbehalt
Rz. 52
Zu berücksichtigen ist jedoch auch eine etwaige Unterhaltspflicht gegenüber F2. Bei F2 kommt im Fallbeispiel ein Trennungsunterhaltsanspruch in Betracht.
Rz. 53
Eine solche Unterhaltspflicht kann Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M haben.
§ 1581 Leistungsfähigkeit
Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
Rz. 54
Eine weitere Unterhaltspflicht kann also eine sonstige Verpflichtung i.S.v. § 1581 sein.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09
Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unterhaltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berücksichtigt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit aber nicht an.
Rz. 55
Aber eine nachrangige zweite Ehefrau dürfte unberücksichtigt bleiben. Die neue Ehefrau muss also vorrangig oder zumindest gleichrangig sein.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09
Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09).
§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
1. |
[…] |
2. |
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, |
3. |
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, |
4. |
[…] |
Rz. 56
F1 und F2 haben beide – es war jeweils nur eine kurze kinderlose Ehe – den Rang nach § 1609 Nr. 3. Sie sind gleichrangig. Ein Unterhaltsanspruch der F2 kann deshalb den Unterhalt der F1 – wegen der Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M – beeinflussen.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Ist die geschiedene Ehefrau […] gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
Rz. 57
Zu diesem Zweck ist zunächst der Unterhalt bzw. Bedarf der F2 zu ermitteln.