Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Überblick
Rz. 167
Wird eine Folgesache aus dem Verbund abgetrennt (§ 140 FamFG), kann dies zur Auflösung des Verbunds führen, so dass das abgetrennte Verfahren seine Eigenschaft als Folgesache verliert und als isolierte Familiensache fortgeführt wird. Die Vorschrift des § 16 Nr. 4 RVG gilt dann ebenso wenig wie die des § 44 FamGKG. Eine Verfahrenstrennung nach § 20 FamFG ist allerdings nicht möglich. Dies würde dem Prinzip des Verbundverfahrens widersprechen.
Rz. 168
Eine Verfahrenstrennung nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO kommt nur in Betracht, wenn eine "Nicht-Folgesache" in unzulässiger Weise im Verbund anhängig gemacht worden ist (siehe dazu Rdn 179).
b) Grundsatz: Keine Lösung aus dem Verbund
Rz. 169
Grundsätzlich erfolgt im Falle der Abtrennung einer Folgesache keine Lösung aus dem Verbund. Das abgetrennte Verfahren bleibt Folgesache (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG). Kostenrechtlich hat die Abtrennung in diesen Fällen also keine Auswirkungen, abgesehen davon, dass Teilfälligkeiten eintreten können (§ 8 Abs. 1 S. 2 RVG) und auch die Verjährungsfristen gegebenenfalls unterschiedlich laufen.
Rz. 170
Für die Anwaltsgebühren gilt unbeschadet einer Abtrennung, die keine Lösung aus dem Verbund zur Folge hat, weiterhin § 16 Nr. 4 RVG. Das gesamte Verbundverfahren ist eine Angelegenheit und kann nur einheitlich abgerechnet werden.
Rz. 171
Auch am Verfahrenswert ändert sich nichts. Es bleibt bei der einheitlichen Bewertung nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG.
Beispiel 90: Abtrennung ohne Auflösung des Verbunds (Unterhalt)
Während des Scheidungsverfahrens wird, nachdem bereits verhandelt worden war, die Folgesache Kindesunterhalt nach § 140 Abs. 1 FamFG wegen Eintritts der Volljährigkeit abgetrennt (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR; Kindesunterhalt 3.600,00 EUR).
Es gilt § 137 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 S. 1 FamFG. Die Unterhaltssache bleibt Folgesache. Es besteht kein Wahlrecht. Insgesamt ist wie bei einer einheitlichen Entscheidung abzurechnen.
An dem Verfahrenswert ändert sich ebenfalls nicht. Es bleibt bei der einheitlichen Bewertung nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
785,20 EUR |
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(Wert: 10.800,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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724,80 EUR |
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(Wert: 10.800,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.530,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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290,70 EUR |
Gesamt |
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1.820,70 EUR |
Beispiel 91: Abtrennung ohne Auflösung des Verbunds (Versorgungsausgleich)
Im Scheidungstermin wird der Versorgungsausgleich abgetrennt (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR).
Es gilt § 137 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 S. 1 FamFG. Der Versorgungsausgleich bleibt Folgesache. Über die Ehesache wird lediglich vorweg entschieden. Es ist daher einheitlich abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
592,80 EUR |
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(Wert: 7.200,00 EUR) |
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|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
547,20 EUR |
|
(Wert: 7.200,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.160,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
220,40 EUR |
Gesamt |
|
1.380,40 EUR |
Rz. 172
Auch, wenn es bei einer Angelegenheit bleibt, wird die Vergütung aus den vorab entschiedenen Verfahrensteilen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig, so dass über den abgeschlossenen Teil bereits eine Rechnung erteilt werden kann, und dann nach Beendigung der abgetrennten Folgesachen später die Schlussrechnung zu erstellen ist.
Beispiel 92: Abtrennung ohne Auflösung des Verbunds (Teil- und Schlussrechnung)
Im Verbundverfahren (Ehesache 6.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR und elterliche Sorge 1.200,00 EUR) ist über die Ehesache und die elterliche Sorge vorab am 11.11.2013 entschieden worden. Gleichzeitig ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich gem. § 140 Abs. 2 FamFG abgetrennt worden. Eine Entscheidung hierüber ist erst am 20.10.2014 ergangen.
Da mit der Vorabentscheidung über die Ehesache und die elterliche Sorge der Rechtszug insoweit beendet war, ist die Vergütung hieraus mit der Entscheidung am 11.11.2013 fällig geworden (§ 8 Abs. 1 S. 2 RVG):
I. |
Verbundverfahren nach Entscheidung über Ehesache und elterliche Sorge |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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592,80 EUR |
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(Wert: 7.200,00 EUR) |
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|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
547,20 EUR |
|
(Wert: 7.200,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.160,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
220,40 EUR |
Gesamt |
|
1.380,40 EUR |
Die weitere Vergütung ist erst mit der Entscheidung über die Folgesache Versorgungsausgleich fällig geworden (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG).
II. |
Verbundverfahren (Schlussrechnung) |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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659,10 EUR |
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(Wert: 8.400.00 EUR) |
|
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
608,40 EUR |
|
(Wert: 8.400,00 EUR) |
|
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
4. |
./. bereits abgerechneter (netto) |
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– 1.160,00 EUR |
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Zwischensumme |
127,50 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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24,23 EUR |
Gesamt |
|
151,73 EUR |
Rz. 173
Zu beachten ist, dass aufgrund der unterschie...