Norbert Schneider, Lotte Thiel
aa) Überblick
Rz. 12
Der Gesetzgeber hat die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten in § 43 Abs. 2 FamGKG legal definiert. Danach ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen.
bb) Grundsätze
Rz. 13
Maßgebend ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten.
Beispiel 2: Ehesache, Nettoeinkommen der Eheleute (I)
Die Ehefrau reicht die Scheidung ein. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes zum Zeitpunkt der Einreichung beträgt 5.000,00 EUR, das der Ehefrau 3.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden.
Das monatliche Nettoeinkommen beider Ehegatten beläuft sich auf (5.000,00 EUR + 3.000,00 EUR =) 8.000,00 EUR. Der Verfahrenswert der Ehesache beträgt folglich (3 x 8.000,00 EUR =) 24.000,00 EUR.
Rz. 14
Abzustellen ist dabei gem. § 34 FamGKG auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung. Spätere Veränderungen der Einkommensverhältnisse sind unbeachtlich.
Beispiel 3: Ehesache, Nettoeinkommen der Eheleute (II)
Wie vorangegangenes Beispiel; zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist
a) das Einkommen der Ehefrau weggefallen
b) das Einkommen des Mannes auf 7.000,00 EUR gestiegen.
Das Nettoeinkommen beider Ehegatten bei Einreichung ist maßgebend. Weder der nachträgliche Wegfall des Einkommens der Ehefrau (a) noch das höhere Einkommen des Ehemanns (b) haben Einfluss auf den Verfahrenswert.
Rz. 15
In der Regel wird insoweit auf das Einkommen der letzten drei Monate vor Einreichung des Scheidungsantrags abgestellt. Das kann vom "dreifachen Einkommen" abweichen, wenn sich in diesen drei Monaten erhebliche Veränderungen ergeben haben. Gleiches gilt, wenn man auf den Monat der Einreichung abstellt und die beiden Monate zuvor berücksichtigt oder wenn man auf den Monat des Scheidungsantrags und die beiden Folgemonate abstellt. Auch das Abstellen auf das dreifache Einkommen bei Einreichung des Scheidungsantrags kann hier zu Verzerrungen führen. Hier ist gegebenenfalls unter "Berücksichtigung aller Umstände" ein Ausgleich zu finden.
Beispiel 4: Ehesache, Nettoeinkommen der Eheleute (III)
Das monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau beträgt sowohl in den Monaten vor als auch nach Einreichung der Scheidung durchweg 1.500,00 EUR. Der Ehemann war in den beiden Monaten vor Einreichung des Scheidungsantrags arbeitslos und hatte wegen einer Sperrzeit keine Einkünfte. Im Monat des Scheidungsantrags tritt er eine neue Stelle an und erzielt ab dann ein Einkommen von 5.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden.
Würde man die drei Monate vor Einreichung berücksichtigen, beliefe sich das Nettoeinkommen beider Ehegatten in den drei Monaten vor der Scheidung auf (4.500,00 EUR + 0,00 EUR =) 4.500,00 EUR.
Würde man den Monat der Einreichung und die beiden Vormonate berücksichtigen, beliefe sich das Nettoeinkommen beider Ehegatten auf (4.500,00 EUR + 5.000,00 EUR =) 9.500,00 EUR.
Würde man den Monat der Einreichung und die beiden Folgemonate berücksichtigen, beliefe sich das Nettoeinkommen beider Ehegatten auf (4.500,00 EUR + 15.000,00 EUR =) 19.500,00 EUR.
Würde man das dreifache Nettoeinkommen beider Ehegatten zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags annehmen, ergäbe sich ebenfalls ein Wert von (4.500,00 EUR + 15.000,00 EUR =) 19.500,00 EUR.
Rz. 16
Unter Nettoeinkommen der privaten Haushalte sind diejenigen Einkünfte zu verstehen, die dem jeweiligen Ehegatten nach Abzug aller Abgaben und Steuern für den privaten Verbrauch zur Verfügung stehen. Zu den Einnahmen zählen danach alle tatsächlich monatlich zufließenden Einkünfte einschließlich der Sachbezüge und geldwerten Vorteile.
Rz. 17
"Netto" meint die steuerbereinigten Einkünfte. Eine Orientierung an § 2 EStG zur Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens ist zulässig.
Rz. 18
Auch sonstige Einkünfte nach § 22 EStG sind maßgeblich.
Rz. 19
Ist das Nettoeinkommen nach Abgaben und Steuern ermittelt, kommen weitere Abzüge nicht mehr in Betracht. Zu Kinderfreibeträgen s.u. Rdn 23.
cc) Berücksichtigung von Sozialleistungen
Rz. 20
Strittig ist, ob und inwieweit Sozialleistungen – insbesondere Leistungen nach dem SGB II – als Einkommen zu berücksichtigen sind. Die Rspr. verhält sich hierzu sehr unterschiedlich und divergiert zum Teil sogar innerhalb desselben Gerichts.
Rz. 21
Eine verbindliche Bewertungsmethode gibt es nicht. Das liegt daran, dass alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden dürfen und müssen. Die Gerichte haben daher hier einen großen Spielraum, den sie allerdings nur eingeschränkt nutzen. Es wird daher empfohlen, sich mit der jeweiligen örtlichen Rechtsprechung vertraut zu machen und gegebenenfalls durch Verfahrenswertbeschwerden zur Rechtsfortbildung beizutragen.
Rz. 22
Überblick Berücksichtigung von Sozialleistungen
Leistung |
Dafür |
Dagegen |
Kindergeld |
OLG Jena OLG Karlsruhe OLG Dresden OLG Brandenburg OLG Hamm |
OLG Dresden OLG Celle |
Arbeitslosengeld I |
OLG Oldenburg |
|
Arbeitslosengeld II |
OLG Köln OLG Schleswig OLG Düsseldorf OLG Frankfurt OLG Zweibrücken OLG Celle |
OLG Schleswig OLG Jena AG Lüdenscheid |