Rz. 63
Der Experte kann seine Dritthaftung aus einem Gutachten- oder Prüfvertrag beschränken, indem er in seinem Gutachten oder Prüfbericht klargestellt, dass dieses Werk nur dem internen Gebrauch des Auftraggebers dienen soll und/oder in bestimmten Punkten auf dessen ungeprüften Angaben beruht.[236]
Um zu verhindern, dass Einwendungen und Einreden des Rechtsanwalts, Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers aus seinem Vertrag mit dem Auftraggeber – insb. der Einwand des Mitverschuldens des Mandanten (vgl. Rdn 47 f.) –, die ein solcher Rechtsberater in entsprechender Anwendung des § 334 BGB einem Schadensersatzanspruch eines geschützten Dritten entgegenhalten könnte, im Wege einer Vertragsauslegung als abbedungen angesehen werden, kann der Rechtsberater in seinem Vertrag mit dem Auftraggeber vereinbaren, dass § 334 BGB nicht abbedungen wird.
Rz. 64
Gesetzliche Beschränkungen der Haftung ggü. dem Auftraggeber wirken auch ggü. einem Dritten, der einen Schadensersatzanspruch aus einem fremden Gutachten- oder Prüfvertrag hat.[237] Gegen diese Rechtsprechung wird im Schrifttum[238] eingewandt, eine Anwendung des § 323 Abs. 2 HGB auf Drittschäden sei nicht folgerichtig i.S.d. Entscheidung des BGH vom 2.4.1998,[239] soweit darin aufgrund der Vertragsfreiheit der Vertragspartner – neben § 323 Abs. 1 HGB und über dessen Haftungsrahmen hinaus – eine Haftung von Abschlussprüfern ggü. Dritten, die von den Vertragspartnern in den Schutzbereich des Prüfvertrages einbezogen werden, zugelassen werde. Ausgehend von diesem Urteil des BGH kann die in § 323 Abs. 2 HGB bezeichnete Haftungssumme, die nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als Schadensersatz der geprüften Kapitalgesellschaft und einem geschädigten verbundenen Unternehmen zur Verfügung stehen soll, durch Ersatzansprüche Dritter geschmälert werden.[240] Insoweit kann es zu einem Wettlauf mehrerer Anspruchsteller um die Haftungssumme des § 323 Abs. 2 HGB kommen ("Windhund-Problem").[241] Diese Folge könnte gemildert werden durch eine quotenmäßige Verteilung nach dem Verhältnis der geltend gemachten Ansprüche zur gesetzlichen Haftungssumme ("Insolvenzmodell");[242] ein solches Modell hat der BGH bisher nicht erörtert.
Im Schrifttum ist die Frage aufgeworfen worden, ob aus der neuen Haftungsvorschrift des § 839a BGB zu entnehmen ist, dass einfache Fahrlässigkeit für die Expertenhaftung – wegen der für alle beruflichen Fachleute geltenden Drucksituation – nicht ausreichen soll (vgl. § 8 Rdn 13).[243]
Rz. 65
Eine Haftungsbeschränkung, die der Rechtsberater mit seinem Auftraggeber vereinbart hat (§§ 51a, 59m Abs. 2 BRAO; §§ 67a Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG; §§ 54a Abs. 1, 56 Abs. 1 WPO), kann einem Dritten, der einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsberater aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten geltend macht, entsprechend § 334 BGB entgegengehalten werden,[244] es sei denn, dass diese Vorschrift abbedungen wurde (vgl. Rdn 48).
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