Rz. 63
Der Experte kann seine Dritthaftung aus einem Gutachten- oder Prüfvertrag beschränken, indem er in seinem Gutachten oder Prüfbericht klargestellt, dass dieses Werk nur dem internen Gebrauch des Auftraggebers dienen soll und/oder in bestimmten Punkten auf dessen ungeprüften Angaben beruht.
Um zu verhindern, dass Einwendungen und Einreden des Rechtsanwalts, Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers aus seinem Vertrag mit dem Auftraggeber – insb. der Einwand des Mitverschuldens des Mandanten (vgl. Rdn 47 f.) –, die ein solcher Rechtsberater in entsprechender Anwendung des § 334 BGB einem Schadensersatzanspruch eines geschützten Dritten entgegenhalten könnte, im Wege einer Vertragsauslegung als abbedungen angesehen werden, kann der Rechtsberater in seinem Vertrag mit dem Auftraggeber vereinbaren, dass § 334 BGB nicht abbedungen wird.
Rz. 64
Gesetzliche Beschränkungen der Haftung ggü. dem Auftraggeber wirken auch ggü. einem Dritten, der einen Schadensersatzanspruch aus einem fremden Gutachten- oder Prüfvertrag hat. Gegen diese Rechtsprechung wird im Schrifttum eingewandt, eine Anwendung des § 323 Abs. 2 HGB auf Drittschäden sei nicht folgerichtig i.S.d. Entscheidung des BGH vom 2.4.1998, soweit darin aufgrund der Vertragsfreiheit der Vertragspartner – neben § 323 Abs. 1 HGB und über dessen Haftungsrahmen hinaus – eine Haftung von Abschlussprüfern ggü. Dritten, die von den Vertragspartnern in den Schutzbereich des Prüfvertrages einbezogen werden, zugelassen werde. Ausgehend von diesem Urteil des BGH kann die in § 323 Abs. 2 HGB bezeichnete Haftungssumme, die nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als Schadensersatz der geprüften Kapitalgesellschaft und einem geschädigten verbundenen Unternehmen zur Verfügung stehen soll, durch Ersatzansprüche Dritter geschmälert werden. Insoweit kann es zu einem Wettlauf mehrerer Anspruchsteller um die Haftungssumme des § 323 Abs. 2 HGB kommen ("Windhund-Problem"). Diese Folge könnte gemildert werden durch eine quotenmäßige Verteilung nach dem Verhältnis der geltend gemachten Ansprüche zur gesetzlichen Haftungssumme ("Insolvenzmodell"); ein solches Modell hat der BGH bisher nicht erörtert.
Im Schrifttum ist die Frage aufgeworfen worden, ob aus der neuen Haftungsvorschrift des § 839a BGB zu entnehmen ist, dass einfache Fahrlässigkeit für die Expertenhaftung – wegen der für alle beruflichen Fachleute geltenden Drucksituation – nicht ausreichen soll (vgl. § 8 Rdn 13).
Rz. 65
Eine Haftungsbeschränkung, die der Rechtsberater mit seinem Auftraggeber vereinbart hat (§§ 51a, 59m Abs. 2 BRAO; §§ 67a Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG; §§ 54a Abs. 1, 56 Abs. 1 WPO), kann einem Dritten, der einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsberater aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten geltend macht, entsprechend § 334 BGB entgegengehalten werden, es sei denn, dass diese Vorschrift abbedungen wurde (vgl. Rdn 48).