Rz. 29

Die Auskunft eines Experten – z.B. die Bonitätsauskunft eines Wirtschaftsprüfers – kann einen eigenständigen Auskunftsvertrag (§ 675 Abs. 2 BGB) zwischen dem Fachmann und dem Dritten begründen, aus dem der Auskunftgeber für die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Auskunft haften kann (vgl. § 11 Rdn 1 ff.).[138]

Für den stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben.[139] Ein derartiger Vertrag kommt aber nicht in Betracht, wenn nicht angenommen werden kann, dass der Rechtsanwalt ggü. dem Vertragsgegner seines Mandanten für die Richtigkeit der von seiner Seite bei den Vertragsverhandlungen auf dem Gebiet des Steuerrechts abgegebenen Erklärungen einstehen wollte.[140]

 

Rz. 30

Übernimmt ein Rechtsanwalt – z.B. im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf – eine Rechtsberatung, die einen potenziellen Geschäftspartner des Mandanten – etwa durch Abgabe einer Third Party Legal Opinion[141] oder gemäß "legal due diligence"[142] – über einzelne Rechtsfragen eines geplanten Geschäfts unterrichten soll, wird i.d.R. entweder ein Auskunftsvertrag zwischen dem Rechtsanwalt und dem Dritten vorliegen, falls zwischen diesen Personen eine unmittelbare Verbindung besteht, oder ein Anwalts-(Gutachten-)vertrag mit dem Mandanten zugunsten des Dritten (vgl. § 9 Rdn 6, § 11 Rdn 15) oder mit Schutzwirkung für diesen geschlossen sein.[143] Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.[144]

[138] BGH, WM 1986, 711, 712 = NJW-RR 1986, 1307.
[139] BGH, 5.12.1972 – VI ZR 120/71, WM 1973, 141, 143; BGH, 24.1.1978 – VI ZR 105/76, WM 1978, 576, 577; BGH, 17.9.1985 – VI ZR 73/84, WM 1985, 1531, 1532.
[140] BGH, 21.9.2017 – IX ZR 12/17, BeckRS 2017, 131188, Tz. 3 unter Bezugnahme auf BGH, 18.12.2008 – IX ZR 12/05, WM 2009, 369, Tz. 11.
[141] Vollkommer/Greger/Heinemann, § 6 Rn 37; Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 624; Adolff, S. 85 ff.; Koch, WM 2005, 1208; Ganter, NJW 2014, 1771; Maier-Reimer, NJW 2014, 2613; D. Fischer, VersR 2015, 521, 531.
[142] Dazu Sassenbach, AnwBl. 2004, 651; Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 619 f.
[143] Vollkommer/Greger/Heinemann, § 6 Rn 37; Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 624; Koch, WM 2005, 1208, 1209, m. Nachw. der Rspr.; Sassenbach, AnwBl. 2004, 651, 652; vgl. Adolff, S. 83 ff., 118 ff., 136 ff., 207 ff., der eine Dritthaftung aus c.i.c. herleitet; ebenso Maier-Reimer, NJW 2014, 2613, 2616.
[144] Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 624.

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