Rz. 31

Die Pflicht zu einer richtigen und vollständigen Auskunft ggü. einem Dritten kann auch Nebenpflicht eines – auf eine andere Hauptleistung gerichteten – Rechtsberatervertrages sein, der insoweit Schutzwirkung für einen Dritten hat (vgl. Rdn 5 ff.).

 

Rz. 32

Dies kann im Rahmen eines Abschlussprüfer-(Wirtschaftsprüfer-)vertrages der Fall sein.[145] Gibt ein Wirtschaftsprüfer, der mit der Pflichtprüfung des Jahresabschlusses einer GmbH befasst ist, demjenigen, der alle Geschäftsanteile der Gesellschaft erwerben will, die Auskunft, der – zu Unrecht einen erheblichen Jahresüberschuss ausweisende – Jahresabschluss werde von ihm nicht mehr geändert und könne von ihm bestätigt werden, kann der Wirtschaftsprüfer dem Auskunftsempfänger, der aufgrund der Auskunft die Geschäftsanteile der GmbH erwirbt, wegen der Ankündigung eines unrichtigen Testats haften; insoweit kann der Prüfvertrag, falls kein Auskunftsvertrag vorliegt, Schutzwirkung zugunsten des Dritten haben, wobei allerdings die gesetzliche Haftungsbegrenzung (§ 323 Abs. 2 HGB) zu berücksichtigen ist (im Einzelnen vgl. Rdn 50 ff., 55 ff.).[146] § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, der eine gesetzliche Haftung des Abschlussprüfers nur ggü. der Kapitalgesellschaft und einem verbundenen Unternehmen begründet, hindert die Partner des Prüfvertrages nicht, einen Dritten in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehen.[147] Die gegenteilige Ansicht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages[148] bindet die Gerichte nicht. Es ist allein Sache der Parteien des Prüfvertrages zu bestimmen, ob und ggf. welche Personen sie – über eine gesetzliche Haftung gem. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB hinaus – in den vertraglichen Schutzbereich einbeziehen wollen;[149] insoweit sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Rdn 55 ff.).[150]

 

Rz. 33

Dies gilt nicht nur für eine falsche Auskunft im Vorfeld der Testaterteilung, sondern folgerichtig auch für die Erteilung eines fehlerhaften Bestätigungsvermerks (§ 322 HGB) selbst (vgl. Rdn 50 ff.);[151] damit wird ein Haftungsprivileg von Prüfern bei gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlussprüfungen (Pflichtprüfungen – §§ 316 ff., 264a HGB) ggü. den Prüfern bei freiwilligen Abschlussprüfungen, deren Verträge Schutzwirkung für Dritte haben können, vermieden.

[145] BGHZ 138, 257 = WM 1998, 1032 = NJW 1998, 1948.
[146] BGHZ 138, 257, 260 ff. = WM 1998, 1032 = NJW 1998, 1948 (Pflichtprüfung); BGH, WM 2006, 423, 425 (freiwillige Prüfung); BGH, WM 2006, 1052, 1054 = BGHZ 167, 155 (Pflichtprüfung); BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 = WM 2012, 1359, Tz. 17; krit. bzgl. einer solchen Haftungsbeschränkung: Otto/Mittag, WM 1996, 377, 382; Schaub, Jura 2001, 8, 16.
[147] BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 = WM 2012, 1359, Tz. 17).
[148] I.R.d. Beratungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 27.4.1998 – KonTraG (BGBl I, S. 786); dazu Grunewald, ZGR 1999, 582, 595.
[149] BGHZ 138, 257, 259 ff. = WM 1998, 1032 = NJW 1998, 1948; BGH, WM 2006, 423, 425 und BGH, WM 2006, 1052, 1054; BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 = WM 2012, 1359, Tz. 17.
[150] BGH, WM 2006, 1052, 1054.
[151] In diesem Sinne BGH, WM 2006, 423, 425 und BGH, WM 2006, 1052, 1054; OLG Stuttgart, GI 1996, 71, 74; OLG Hamm, BB 1996, 2295, 2296 f.; LG Passau, BB 1998, 2052, 2053; Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331 f.; Heppe, WM 2003, 753, 757; a.A. Claussen, WuB 1999, 873, 874 ff. (WuB IV E. § 323 HGB 2.99); Honsell, in: FS Medicus, S. 211, 230.

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