Rz. 541
Sind die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten getrennt und ist ein Scheidungsverfahren bereits anhängig, so sind beiden Parteien hinsichtlich einer Vermögensverfügung Grenzen gesetzt. Zwar kann jeder der Ehegatten einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen, weil das Vermögen der Eheleute kein gemeinschaftliches Vermögen nach § 1363 Abs. 2 BGB darstellt und jeder sein Vermögen nach § 1364 BGB selbstständig verwaltet, jedoch ist jeder Ehegatte nach der Maßgabe des § 1365 Abs. 1 BGB beschränkt. Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verfügen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass das gesamte Vermögen eines Ehegatten, das die Lebensgrundlage der ehelichen Gemeinschaft bildet und damit auch dem anderen Ehegatten dient, ohne dessen Zustimmung der ehelichen Gemeinschaft entzogen wird und mögliche Zugewinnausgleichsansprüche dadurch gefährdet werden. Zu beachten ist, dass die Regelung des § 1365 BGB grundsätzlich auch auf Lebenspartnerschaften anzuwenden ist (§ 8 LPartG), es sei denn, durch einen Lebenspartnerschaftsvertrag wurde etwas anderes vereinbart (§ 7 LPartG).
Rz. 542
§ 1365 Abs. 1 BGB gilt auch bei einem Miteigentumsanteil. Stellt dieser an einem Grundstück das ganze Vermögen eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten dar, bedarf sein Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung der Zustimmung des anderen Ehegatten.
Rz. 543
Ein Fehlen der Zustimmung führt zu einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernis (§ 28 Abs. 2 ZVG), das zur Aufhebung/einstweiligen Einstellung des Verfahrens führt, wenn der Antragsmangel dem Vollstreckungsgericht bekannt ist bzw. nachträglich, d.h. nach bereits erfolgter Verfahrensanordnung, bekannt wird. Somit ist eine Zurückweisung des Antrags auf Versteigerung bzw. die einstweilige Einstellung des Verfahrens erforderlich, wenn die Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB nach positiver Kenntnis des Gerichts oder offenkundig oder unter den Beteiligten unstreitig nach Verfahrensanordnung gegeben sind. Es besteht jedoch keine Ermittlungspflicht des Vollstreckungsgerichts.
Rz. 544
Das Fehlen der erforderlichen Einwilligung, kann mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)/sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) gerügt werden. Solche Umstände sind gegeben, wenn das Vollstreckungsgericht die fehlende Einwilligung bereits als Antragsmangel hätte beachten müssen oder wenn es begründete Zweifel, die sich auf bestimmte Anhaltspunkte stützen, bei der Verfahrensanordnung unbeachtet gelassen hat.
Rz. 545
Die der Versteigerung entgegenstehende, (streitige) nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Antragsbeschränkung ist im Zweifel mittels Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) vor Prozessgericht – Familiensache – geltend zu machen.
Rz. 546
Auf der Grundlage der herrschenden "Einzeltheorie" erfordert § 1365 Abs. 1 BGB zwar nicht eine Verfügung über das Vermögen en bloc, es reicht auch die Transaktion eines Gegenstandes, der wertmäßig das Gesamtvermögen weitgehend erschöpft. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass, soweit das Vermögen nicht als Ganzes betroffen ist, der in Zugewinngemeinschaft lebende Ehegatte ohne Zustimmung bzw. Einwilligung den Antrag auf Teilungsversteigerung stellen kann.
Rz. 547
Hinweis
Gefährlich ist es, einen Teilungsversteigerungsantrag ohne die erforderliche Zustimmung einzuleiten. Zum einen kann der Antragsgegner einen derartigen Verfahrensfehler jederzeit mit der Erinnerung nach § 766 ZPO, § 28 Abs. 2 ZVG bekämpfen und so das Verfahren stoppen. Zum anderen kann dies – je nach Verfahrensstadium – zu erheblichen Kostennachteilen für den Antragsteller führen. Wenn nämlich das Verfahrenshindernis z.B. erst nach Festsetzung des Verkehrswerts vorgetragen und deshalb das Verfahren aufgehoben wird, sind bereits erhebliche Gutachterkosten angefallen. Für diese haftet im Zweifel der Antragsteller.
Rz. 548
Zu beachten ist, dass der Einwilligungsvorbehalt des § 1365 Abs. 1 BGB nicht bei einem Pfändungsgläubiger greift. Der Gläubiger des Miteigentümers kann diesen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (Versteigerung des ganzen Grundstücks) sowie auf Teilung und Auszahlung des Erlöses gemäß §§ 857, 829 ZPO pfänden und sich überweisen lassen (§ 835 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft allein ohne den Miteigentumsanteil nicht abtretbar, also nach §§ 857 Abs. 1, 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbar ist. Denn der Anspruch auf Auseinandersetzung kann jedenfalls dem zur Ausübung überlassen werden (§ 857 Abs. 3 ZPO), dem auch das übertragbare künftige Recht auf den dem Miteigentumsanteil entsprechenden Teil des Versteigerungserlöses abgetreten worden ist. Daher kann der Aufhebungsanspruch zwar nicht allein, aber zusammen mit dem künftigen Anspruch auf eine den Anteilen entsprechende Teilung und Auskehrung des Versteigerungserlöses gepfändet und überwiesen werden.