Rz. 202
Alle in einem Zwangsversteigerungsverfahren geltend gemachten oder von Amts wegen zu berücksichtigenden Ansprüche (vgl. § 45 ZVG) sind in eine der 9 Rangklassen des § 10 Abs. 1 ZVG einzuordnen. Diese Rangordnung ist zwingend einzuhalten und kann daher nicht abgeändert werden. Hiernach erfolgt die Befriedigung der Ansprüche. Anmeldepflichtige Ansprüche, die nicht rechtzeitig angemeldet werden, erleiden einen Rangverlust (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG) und werden bei Vorhandensein eines Erlöses erst nach Befriedigung der nachfolgenden Rangklassen berücksichtigt.
Für die Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen ist der Rang des Anspruchs des oder der (bestrangig) betreibenden Gläubiger maßgebend. Dieser Rang bestimmt sich nach den §§ 10–12 ZVG. Dabei sind bei eingetragenen Rechten etwaige Rangänderungen zu beachten.
Rz. 203
Bei allen Rangklassen umfasst das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück auch die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG).
Rz. 204
Ansprüche aus ein und demselben Recht haben nach § 12 ZVG für den Fall, dass der Erlös nicht ausreicht, folgenden Rang:
(1.) |
Kosten nach § 10 Abs. 2 ZVG |
(2.) |
Wiederkehrende Leistungen und sonstige Leistungen |
(3.) |
Hauptanspruch (Kapital) |
Wenn also eine Forderung nicht voll gedeckt wird, so fällt der Fehlbetrag zunächst beim Hauptanspruch aus und zuletzt bei den Kosten.
aa) Rangklasse "0"
Rz. 205
Aus dem Erlös vorweg zu entnehmen, also im Range vor allen anderen Ansprüchen, sind die Verfahrenskosten nach KV 2211 GKG (Verfahrensgebühr), KV 2213 GKG (Terminsgebühr) und KV 2215 GKG (Verteilungsgebühr) sowie hinzukommende Auslagen (§ 109 ZVG). Etwaige vom Gläubiger gezahlte Vorschussleistungen, z.B. auf Sachverständigengebühren, fallen ebenfalls in diese Rangklasse.
bb) Rangklasse 1
Rz. 206
Unmittelbar nach den Verfahrenskosten sind die Vorschüsse, die ein die Zwangsverwaltung desselben Grundstücks betreibender Gläubiger zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, wie z.B. Reparaturkosten, Versicherungsbeiträge, Kosten für Umbau-/Bauvollendung, Vergütung des Zwangsverwalters, geleistet und im Zwangsverwaltungsverfahren nicht erstattet bekommen hat, zu berücksichtigen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Zwangsverwaltung bis zum Zuschlag im Versteigerungsverfahren fortdauert und die Ansprüche spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet wurden (§ 37 Nr. 4 ZVG). Fehlt es an der Eigenschaft der Notwendigkeit, so fallen die Auslagen unter die allgemeinen Kosten der Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG).
Rz. 207
Hinweis
Der Grund für die Privilegierung gewisser Aufwendungen (siehe hierzu § 11 Rdn 96 ff.) bei der Verteilung des Zwangsversteigerungserlöses des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers ist, dass diese Aufwendungen auch dem Interesse des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers dienen, da die Ausgaben zur Erhaltung den Eintritt einer Wertminderung regelmäßig verhindern und Aufwendungen zur Verbesserung regelmäßig eine Wertsteigerung mit sich bringen. Beides wirkt sich im Interesse des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers positiv aus, so dass es angemessen ist, diese Ausgaben vorab aus dem Versteigerungserlös zu erstatten.
Rz. 208
Insbesondere bei Verbrauchskosten, wie z.B. Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Strom, Heizung, gilt es zu beachten, dass diese sich weder werterhaltend noch wertsteigernd auf das Objekt auswirken, sondern lediglich rückständige Verbindlichkeiten des Schuldners abdecken. Somit gehören sie nicht zu den bevorrechtigten Forderungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG, auch wenn sie auf Veranlassung des Vollstreckungsgerichts von einem die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger verauslagt worden sind.
Rz. 209
Mehrere Ansprüche haben untereinander den gleichen Rang nach dem Verhältnis der Beträge (§ 10 Abs. 1 S. 1 ZVG).
cc) Rangklasse 1a
Rz. 210
Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung eines Insolvenzverwalters (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 ZVG) werden pauschal 4 % des nach § 74a Abs. 5 S. 2 ZVG festgesetzten Wertes der beweglichen Gegenstände angesetzt, auf welche sich die Zwangsversteigerung erstreckt (§ 55 ZVG). Der Betrag wird der Insolvenzmasse zugeführt.
dd) Rangklasse 2
Rz. 211
Diese Rangklasse hat Bedeutung bei der Vollstreckung von Wohnungseigentum.
Sie führt für sog. Hausgeldforderungen der Wohnungseigentümer ein begrenztes Vorrecht vor Grundpfandrechten ein. Dadurch wird die St...