I. Grundlagen
Rz. 12
Sehr viel ausführlicher als bisher werden in den §§ 87 bis 87d BGB n.F. die Voraussetzungen und Folgen der Auflösung der Stiftung durch die Stiftungsorgane sowie der Aufhebung durch die Stiftungsbehörde geregelt. Die §§ 87 bis 87c BGB n.F. treten zum 1.6.2023 in Kraft. § 87d BGB n.F. tritt erst zum 1.1.2026 in Kraft und regelt die Anmeldung von Auflösung, Aufhebung und Liquidation zum Stiftungsregister.
Rz. 13
Ziel der gesetzlichen Regelungen zur Auflösung und Aufhebung ist ausweislich der Gesetzesbegründung auch hier die Schaffung abschließender bundesrechtlicher Vorschriften, durch die insbesondere den Landesgesetzgebern die Kompetenz für eigene Regelungen nunmehr eindeutig entzogen wird. Zudem soll die Beendigung der Stiftung durch Auflösung oder Aufhebung in der Praxis erleichtert werden. Anstatt wie bisher die Unmöglichkeit der Verwirklichung des Stiftungszwecks für die Auflösung und Aufhebung vorauszusetzen, lässt es das Gesetz nunmehr ausreichen, wenn die Stiftung endgültig ihren Zweck "nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann". Endgültigkeit in diesem Sinne liegt dann vor, wenn die dauernde und nachhaltige Zweckerfüllung auch durch eine Satzungsänderung nicht mehr ermöglicht werden kann, wie sich aus § 87 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. ergibt.
Rz. 14
Ferner sollen die Folgen der Insolvenz nun im Verhältnis zum Vereinsrecht eigenständig geregelt werden, indem anstelle des Verweises auf § 42 Abs. 1 S. 1 BGB eine Vorschrift zur Auflösung bei Insolvenz der Stiftung in § 87b BGB n.F. eingefügt wird.
Rz. 15
Die Regelungen zur Auflösung oder Aufhebung einer Stiftung sind zwingend und können nach der insoweit deutlichen Aussage des Gesetzgebers durch Satzungsreglungen nicht erleichtert oder erschwert werden.
II. Auflösung und Aufhebung, Anfallberechtigung
Rz. 16
Eine Auflösung durch die Stiftungsorgane (§ 87 BGB n.F.) oder eine Aufhebung durch die Stiftungsbehörde (§ 87a BGB n.F.) kommt zunächst (zu weiteren Auflösungstatbeständen vgl. Rdn 21) dann in Betracht, wenn die Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann und das auch durch eine Umgestaltung der Stiftung mittels einer Satzungsänderung nicht mehr gewährleistet werden kann (vgl. § 87 Abs. 1 BGB n.F. für die Auflösung, auf den § 87a Abs. 1 BGB n.F. für die Aufhebung verweist). Der Vorstand "soll", so der Gesetzestext des § 87 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F., in diesem Fall die Auflösung beschließen. Der Auflösungsbeschluss bedarf der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde (§ 87 Abs. 3 BGB n.F.). Die Stiftungsbehörde "soll" (vgl. § 87a Abs. 1 BGB n.F.) ihrerseits dann tätig werden, wenn die beschriebenen Voraussetzungen für eine Auflösung vorliegen und die Stiftungsorgane nicht rechtzeitig über eine Auflösung entscheiden.
Rz. 17
Diese Regelungen sind als Soll-Vorschriften ausgestaltet, was in der Gesetzesbegründung auch als Besonderheit ausdrücklich hervorgehoben wird. Allerdings sind die dortigen Ausführungen zu den Gründen für diese Gestaltung nicht wirklich eindeutig. Zum einen heißt es in der Gesetzesbegründung, dass eine Stiftung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB n.F. "regelmäßig aufzulösen" ist. Zum anderen heißt es sodann in der Gesetzesbegründung aber weiter: "[A]nstelle einer Auflösung kommt auch eine Zulegung oder Zusammenlegung in Betracht. Bei der Wahl der jeweiligen Maßnahme ist nach § 83 Absatz 3 BGB-neu immer der Stifterwille zu beachten. Regelmäßig wird eine mögliche Zulegung oder Zusammenlegung Vorrang vor einer Auflösung der Stiftung haben, weil dadurch die vom Stifter begründete Zweck-Vermögen-Bindung aufrechterhalten werden kann, was jedenfalls dem mutmaßlichen Stifterwillen eher entspricht als eine Beendigung der Stiftung durch Auflösung oder Aufhebung."
Rz. 18
Noch einmal zusammengefasst: Zum einen soll die Stiftung also regelmäßig "aufzulösen sein", zum anderen soll ebenfalls "regelmäßig" "eine mögliche Zulegung oder Zusammenlegung Vorrang vor einer Auflösung der Stiftung haben". Das ist widersprüchlich und hilft deshalb leider nicht wirklich bei der Gesetzesauslegung weiter.
Der Hinweis auf den Stifterwillen ist allerdings grundsätzlich richtig. So wird man tatsächlich die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift als Aufforderung des Gesetzgebers zur genauen Prüfung und Erforschung des Stifterwillens zu verstehen haben. Stifter sollten deshalb, so unsere Empfehlung für die Gestaltungspraxis, in Zukunft vorsorglich selbst klarstellen, ob sie eine Auflösung wünschen, bei der das Stiftungsvermögen einem von ihnen bestimmten Anfallsberechtigten zufällt, oder ob sie eine Zulegung oder eine Zusammenlegung bevorzugen und von welchen Umständen das ggf. abhängen soll.
Rz. 19
Die Stiftungsorgane sind verpflichtet, den Beschluss der Auflösung zu fassen, wenn es sich bei der von ihnen verwalteten Stiftung um eine Verbrauchsstiftung handelt und die Zeit, für die die Stiftung er...