Dr. iur. Holger Bremenkamp
Rz. 11
Komplexere Vertragsgestaltungen und Haftungszurechnungen finden sich bei der stationären Krankenhausbetreuung, die durch das Patientenrechtegesetz nicht kodifiziert wurde. Auch hier liegt dem Behandlungsverhältnis in der Regel ein schuldrechtlicher Behandlungsvertrag zwischen Patient und Behandlungsträger zugrunde, unabhängig davon, ob der Krankenhausträger – der bei Universitätskliniken die Universität oder das Land sein kann – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist. Typisch sind die folgenden Gestaltungsformen:
Rz. 12
Regelform ist der einheitliche, sog. totale Krankenhausaufnahmevertrag, bei dem allein der Krankenhausträger alle Leistungen im ärztlichen wie im pflegerischen Bereich schuldet. Er muss sich das Verschulden sämtlicher in Erfüllung der Behandlungsverpflichtung tätigen Klinikmitarbeiter nach § 278 BGB zurechnen lassen. Für schuldhafte Fehler leitender Krankenhausärzte haftet der Träger zusätzlich nach §§ 823, 31, 89 BGB (ohne Entlastungsmöglichkeit), für Fehler der weisungsabhängigen Ärzte nach § 831 BGB. Die behandelnden Ärzte haften mangels unmittelbarer Vertragsbeziehung nicht vertraglich, sondern nur deliktisch aufgrund ihrer im Rahmen der Behandlungsaufgabe übernommenen Garantenstellung. Vertragspartner ist der Privat- oder Kassenpatient (nicht die Krankenkasse). Ein Anspruch auf Behandlung durch einen bestimmten Arzt besteht nur bei eindeutiger Vereinbarung, eine entsprechende Beschränkung seiner Einwilligung in die Behandlung muss der Patient eindeutig zum Ausdruck bringen.
Rz. 13
Demgegenüber bestehen beim gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag (Grundmodell Belegarztvertrag) Vertragsbeziehungen sowohl mit dem Krankenhausträger als auch mit dem Arzt: Während der Krankenhausträger die Unterbringung sowie die pflegerischen und medizinischen Dienste außerhalb der ärztlichen Leistungen des Belegarztes schuldet, werden die ärztlichen Leistungen aufgrund eines besonderen Vertrags mit dem Belegarzt erbracht. Dementsprechend hat der Krankenhausträger für Behandlungsfehler des Arztes weder vertraglich noch deliktisch einzustehen, und Entsprechendes gilt umgekehrt zugunsten des Arztes: Die jeweilige Haftung ist strikt nach den jeweiligen Leistungsbereichen zu trennen. Bei Abschluss eines gespaltenen Krankenhausvertrags ist ein deutlicher Hinweis an den Patienten erforderlich, dass der Krankenhausträger nicht Schuldner der ärztlichen Leistungen ist und daher für etwaige ärztliche Fehlleistungen nicht haftet, auch im Hinblick auf das AGB-rechtliche Transparenzgebot.
Rz. 14
Schließlich hat sich als dritte typische Vertragsgestaltung der totale Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag herausgebildet. Dabei verpflichtet sich einmal der Krankenhausträger zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich der ärztlichen Behandlung. Daneben schließt der Patient einen weiteren Vertrag über die ärztlichen Leistungen mit dem behandelnden Arzt, sodass bei ärztlicher Pflichtverletzung Krankenhaus und Arzt gesamtschuldnerisch haften. Bei Inanspruchnahme ärztlicher Wahlleistungen ist der totale Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag als Regelfall, der gespaltene Krankenhausaufnahmevertrag dagegen – wegen des für den Patienten ungünstigen Fehlens einer Haftung des Krankenhausträgers für ärztliche Leistungen – als Ausnahmefall anzusehen.