Rz. 28
Ein Vertrag eines Rechtsberaters (Rechtsanwalts, Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers), einem Anlageinteressenten eine bestimmte Kapitalanlage zu vermitteln, kann ein echter Rechtsberatervertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) oder ein Anlagevermittlungsvertrag ohne Pflicht zum rechtlichen Beistand sein (vgl. § 1 Rdn 136, 161 ff., § 2 Rdn 1 f.).
Zwischen dem Anlagevermittler und dem Anlageinteressenten kommt ein Auskunftsvertrag zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er im Hinblick auf eine bestimmte Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und dieser die gewünschte Tätigkeit beginnt.
Rz. 29
Die Pflichten aus einem solchen Vertrag mit dem Anlageinteressenten gehen nicht so weit wie diejenigen aus einem Anlageberatungsvertrag. Grds. hat der Anlagevermittler dem Anlageinteressenten aufgrund eines – regelmäßig zumindest "stillschweigend" (also durch schlüssiges Verhalten) geschlossenen – Auskunftsvertrags (nur) richtige und vollständige Auskunft über diejenigen tatsächlichen Umstände zu erteilen, die für den Anlageentschluss besonders bedeutsam sind, insb. über die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und die Bonität des Kapitalsuchenden; dazu gehört i.d.R. die Offenlegung einer Innenprovision oder Vertriebsprovision, wenn diese 15 % des angelegten Kapitals übersteigt. Dafür muss der Anlagevermittler das Anlagekonzept zumindest auf Plausibilität, v.a. auf wirtschaftliche Tragfähigkeit prüfen; unterlässt er eine solche Prüfung, so ist der Anlageinteressent darauf hinzuweisen. Dieser muss die Risiken der in Aussicht genommenen Anlage erkennen können. Deswegen darf der Anlagevermittler keine falschen Angaben zu Sicherheit und Rentabilität einer Kapitalanlage machen und in dem vorbereiteten Kaufvertrag den Interessenten nicht unter allen in Betracht kommenden Anlegertypen ("sicherheitsorientiert, konservativ, gewinnorientiert, risikobewusst") einstufen. Weiterhin darf der Anlagevermittler nicht eine Kapitalanlage als "sicher" bezeichnen, wenn diese nach der Einordnung der Anlagegesellschaft das Risikoprofil "gewinnorientiert" und "risikobewusst" hat.
Rz. 30
Fehlen objektive Daten bzgl. der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und/oder der Bonität des Kapitalsuchenden oder hat der Anlagevermittler keine entsprechenden Informationen eingeholt, so hat der Vermittler dies – und mangelnde Sachkunde – dem Anlageinteressenten offenzulegen. Wird die Anlage anhand eines Prospekts vertrieben, so hat der Vermittler das Anlagekonzept wenigstens im Wege einer "Plausibilitätsprüfung" darauf zu untersuchen, ob der Prospekt ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt bietet und ob die darin enthaltenen Angaben, soweit er das mit zumutbarem Aufwand prüfen kann, sachlich vollständig und richtig sind. Verweist ein Anlagevermittler zur Sicherheit der Kapitalanlage ohne Einschränkung auf die Angaben des Kapitalsuchenden, so macht er sich diese zu eigen; hat der Vermittler in einem solchen Fall die Sicherheit der Kapitalanlage nicht geprüft, muss er dies ggü. dem Kunden auch ungefragt deutlich machen.
Auch ein Anlagevermittler kann seine Aufklärungspflicht erfüllen, indem er dem Anlageinteressenten einen Prospekt über die Kapitalanlage überreicht, wenn dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und der Interessent davon noch rechtzeitig vor Vertragsschluss Kenntnis nehmen kann. Die Übergabe des Anlageprospekts ist aber nur eines von mehreren Mitteln, die dem Anlagevermittler helfen, seiner Informationspflicht nachzukommen. Verdeutlicht der Prospekt die Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend, so darf der Vermittler Risiken nicht abweichend vom Prospekt darstellen und mit seinen Erklärungen Hinweise im Prospekt entwerten oder für die Entschließung des Anlageinteressenten mindern.
Zu den Umständen, über die der Anleger entweder mündlich oder durch den Prospekt zu unterrichten ist, gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen der Anlagegesellschaft, ihren Organen und beherrschenden Gesellschaftern einerseits sowie andererseits den Unternehmen, deren Organen und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder teilweise gelegt hat. Die für diesen Personenkreis vorgesehenen und gewährten Sonderzuwendungen und -vorteile müssen ebenfalls offengelegt werden.
Im Hinblick auf den Schutzzweck der Prüfungs- und Offenbarungspflicht führt dies aber nur dann zu einer Haftung des Vermittlers, wenn die vorzunehmende Prüfung Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte, etwa weil ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder weil die Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht gewesen ist. Hiernach ist jeweils festzus...