1. Grundsätzlich Ersatz aller Schäden
Rz. 41
Sofern der Schädiger die Vermeidung des Schadens nicht garantiert hat, haftet er für den Nachteil, der durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der – tatsächlich fehlerhaften – Auskunft entstanden ist (negatives Interesse); insoweit hat der Schädiger den Geschädigten so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde (§ 249 BGB). Ein solcher Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens infolge Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten wird durch das Interesse an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft begrenzt. Eine solche Haftung des Auskunftgebers setzt voraus, dass dessen Vertragspartner im Endergebnis überhaupt einen Schaden erlitten hat.
Rz. 42
Hat der Schädiger seine fehlerhafte Auskunft im Rahmen eines umfassenden Beratungsvertrages erteilt, haftet er grds. für alle Schäden, die sein Vertragspartner aus einer Vermögensentscheidung aufgrund der Auskunft erlitten hat, und zwar auch dann, wenn diese nur einen Einzelpunkt betroffen hat.
Hat ein Anlageberater seine Pflichten schuldhaft verletzt, kann der geschädigte Anleger von ihm Schadensersatz in der Weise verlangen, dass er entweder an dem Geschäft festhält und Erstattung zusätzlicher Vermögenseinbußen fordert oder den "großen" Schadensersatz – Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kapitalanlage – geltend macht.
Rz. 43
Hat sich jemand infolge Verletzung der Auskunftspflicht eines Anlagevermittlers an einem Anlagemodell beteiligt, ist er so zu stellen, als wäre es nicht zu einer solchen Kapitalanlage gekommen.
Im Wege der Vorteilsausgleichung sind grds. auch Steuerersparnisse anzurechnen, die der Geschädigte infolge der Schädigung erlitten hat, es sei denn, dass dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung – gegenzurechnende – steuerliche Nachteile entstehen (vgl. § 13 Rdn 35).
Rz. 44
Derjenige, der als verdeckter Stellvertreter eine Auskunft für einen Dritten eingeholt hat, kann grds. nicht den Schaden geltend machen, den der Dritte im Vertrauen auf die fehlerhafte Auskunft erlitten hat (keine Drittschadensliquidation).
2. Begrenzung der Ersatzpflicht durch Schutzbereich der verletzten Auskunftspflicht
Rz. 45
Die Haftung des Auskunftgebers wird durch den Schutzbereich (-zweck) der verletzten vertraglichen oder vorvertraglichen Auskunftspflicht begrenzt (vgl. Rdn 40, § 5 Rdn 67 ff.).
Rz. 46
Derjenige, der einem Anlageinteressenten Beratung, Aufklärung oder Auskunft nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelpunktes eines Vorhabens schuldet, ohne Partner des Anlagegeschäfts zu sein, haftet wegen einer fehlerhaften Auskunft nur für die Schäden, die nach dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht in diesem Einzelpunkt verhindert werden sollten. Der Schädiger braucht also dann im Allgemeinen nicht den gesamten Schaden aus dem fehlgeschlagenen Vorhaben zu tragen, für das die Auskunft bestimmt war. Zwar mag die fehlerhafte Auskunft einen weiter gehenden Schaden des Vertragspartners adäquat verursacht haben. Es ginge aber "jedenfalls dann, wenn bei wertender Betrachtung der aus der Auskunftspflichtverletzung herrührende Schaden … isoliert und durch Ausgleich in Geld neutralisiert werden kann", über den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht hinaus, das Entscheidungsrisiko des Vertragspartners – wie bei einem umfassenden Beratungsvertrag – voll auf den Auskunftgeber abzuwälzen; dieser konnte die übrigen Umstände, die zur tatsächlichen Entscheidung des Geschädigten beigetragen haben, i.d.R. weder überblicken noch beeinflussen. Der Geschädigte ist dann so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft vertraut hätte; er darf jedoch nicht besser gestellt werden, als er...