Rz. 37
Insoweit kommen persönliche Freundschaft oder gute Bekanntschaft in Betracht. Wirtschaftliche Abhängigkeiten können ebenfalls die Besorgnis der Befangenheit begründen. Hier ist insbesondere daran zu denken, dass ein Sachverständiger regelmäßig beruflich mit einer Partei zusammenarbeitet.
Dieser Umstand allein reicht aber nicht aus, wenn an der wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Gutachters kein Zweifel besteht.
Zitat
"Ein Befangenheitsgrund ist nicht bereits darin zu sehen, daß der Sachverständige – wie der Kläger vorträgt – schon des Öfteren im Auftrag des Haftpflichtversicherers der Beklagten Privatgutachten erstattet hat. Das – selbst häufigere – Tätigwerden eines Sachverständigen für eine Versicherung reicht für sich allein nicht aus, um die Besorgnis einer Voreingenommenheit in einem Rechtsstreit hervorzurufen, an welchem ein Versicherungsnehmer desselben Versicherers beteiligt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Versicherungsgesellschaften sich unabhängiger Gutachter regelmäßig zu dem Zweck bedienen, den Sachverhalt aufzuklären und ihr Regulierungsverhalten darauf einzustellen, und nicht vorrangig das Ziel verfolgen, mit Hilfe eines Privatgutachtens, von welchem sie ein bestimmtes Ergebnis erwarten, Ansprüche durchzusetzen oder abzuwehren. Ob Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Gutachters gleichwohl dann aufkommen können, wenn dieser von der Versicherungsgesellschaft wirtschaftlich abhängig ist, kann dahin stehen. Der hier vom Landgericht beauftragte medizinische Sachverständige jedenfalls ist als Chefarzt einer Klinik für Urologie von dem Haftpflichtversicherer der Beklagten wirtschaftlich unabhängig, mag er auch für diesen häufiger Privatgutachten erstellen. Zumindest in einem solchen Fall kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Sachverständige sich seinem Auftraggeber in anderen Haftungsfällen auch im Rahmen eines Gerichtsgutachtens verpflichtet fühlt und es deshalb an der gebotenen Unparteilichkeit fehlen lässt (OLG Köln VersR 1992, 849). Hierfür muss ein objektiver Grund vorliegen, der aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass zu der Befürchtung geben kann, der Sachverständige werde sein Gutachten nicht unparteiisch erstatten. Bei Anlegung dieses Beurteilungsmaßstabes an das Vorbringen des Klägers, der Sachverständige sei in einer Vielzahl von Fällen für die Versicherungsgesellschaft und auch für die beklagte Versicherungsanstalt tätig gewesen, erweist sich der Ablehnungsantrag insoweit als unbegründet."
Zitat
"Es ist aber nicht außergewöhnlich, vielfach sogar die Regel, dass qualifizierte Sachverständige [hier ein Chefarzt der Orthopädie] für Versicherungsunternehmen Privatgutachten erstatten. [Man] würde diese Sachverständigen disqualifizieren und zwei Klassen von Sachverständigen schaffen, wollte man sie als gerichtliche Sachverständige in Rechtstreitigkeiten, in denen ein Versicherungsunternehmen Partei ist oder hinter einer Partei steht, generell als parteiisch behandeln. Vom Standpunkt einer verständigen, besonnen wägenden Partei kann dann auch allein aufgrund des Umstandes, dass der Sachverständige außergerichtlich für Versicherungsgesellschaften und so auch für die beklagte Versicherungsanstalt als Gutachter tätig war und künftig tätig sein wird, Misstrauen gegen eine Unparteilichkeit nicht aufkommen. (…) Es müssen schon besondere Umstände vorliegen, etwa dass der Sachverständige schon ein Privatgutachten in derselben Sache für die Versicherungsgesellschaft (Partei) erstattet hat (…) oder zu der Versicherungsgesellschaft gewissermaßen als "Haussachverständiger" in abhängiger oder ständiger Verbindung steht, wenn die Besorgnis der Befangenheit begründet sein soll."
Rz. 38
Anders verhält sich die Sache, wenn der Sachverständige bereits zuvor für die Partei oder deren Versicherung ein Privatgutachten erstellt hat.
Rz. 39
Keinen Ablehnungsgrund bildet der Umstand, dass der Sachverständige in einem anderen gegen denselben Beklagten gerichteten Verfahren bereits ein Gutachten erstattet hat.
Rz. 40
Einseitiger Kontakt des Sachverständigen mit einer Partei kann jedoch beim Gegner berechtigterweise Misstrauen daran erwecken, dass er unvoreingenommen ist. Dies betrifft insbesondere die mündliche oder telefonische Kontaktaufnahme mit einer Partei oder bei seinen Ermittlungen die Hinzuziehung nur einer Partei.
Ein geradezu klassischer Fehler ist es, wenn der Sachverständige eine Sachbesichtigung in Anwesenheit nur einer der Parteien durchführt, ohne die andere Partei zu benachrichtigen und ihr Gelegenheit zur Teilnahme zu geben.
Zitat
"Ein solcher objektiver Grund ist vorliegend gegeben. Der Sachverständige hat den vom Antragsgegner behaupteten Sachverhalt eingeräumt. Er habe sich im Vorfeld des Besichtigungstermins kundig machen müssen, ob angesichts des problematischen baulichen Zustandes der Kirche (weitere) Sicherheitseinrichtungen erforderlich und die Beleuchtungsmöglichkeiten ausreichend seien. Führt ein Sachverständiger eine Orts- und Sachbesicht...