Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 31
Für sämtliche Voraussetzungen zum Erlass eines Vorbehaltsurteils hat der Erbe die zugrundeliegenden Tatsachen darzulegen und (nötigenfalls) zu beweisen.
Rz. 32
Der Gläubiger kann dem Erben entgegenhalten, dass es eine Vereinbarung zwischen beiden gebe, nach der der Erbe seine Haftung nicht beschränken kann (§ 397 BGB) oder dass jedenfalls der Erbe einen entsprechenden Verzicht erklärt hat.
Hinweis
Den Einwand, der Erbe habe seine Haftungsbeschränkungsmöglichkeit verloren, kann der Gläubiger jetzt vorbringen, muss es aber nicht. Es steht im Ermessen des Gerichts, hierüber zu entscheiden oder die Entscheidung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten. Entscheidet das Gericht aber über den Verlust der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit, so ist der Gläubiger nach Rechtskraft des Vorbehaltsurteils mit dem Einwand ausgeschlossen, § 767 Abs. 2 ZPO; es sei denn, die Voraussetzungen der unbeschränkbaren Haftung des Erben sind erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten.
Rz. 33
Vor Erlass des Vorbehaltsurteils prüft das Gericht (im Regelfall, zu Ausnahmen siehe Rdn 39 ff.) nicht, ob die Voraussetzungen einer Haftungsbeschränkung vorliegen, § 781 ZPO. Für eine Verurteilung unter Vorbehalt ist dies auch nicht Voraussetzung. Besteht die eingeklagte Forderung, so wird der Erbe verurteilt, allerdings unter Vorbehalt. Daher ist auch kein Vortrag des Erben zu den Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung notwendig. Weder Gläubiger/Kläger noch Gericht können dies verlangen. Umgekehrt bedeutet das, dass der Erbe im Erkenntnisverfahren regelmäßig nicht mehr erreichen kann als eine Verurteilung unter Vorbehalt.
Rz. 34
Erfolgte die Einredeerhebung nur vorsorglich (zur diesbezüglichen anwaltlichen Pflicht, siehe schon oben § 1 Rdn 7), ist dies nur folgerichtig. Die Aufnahme eines Vorbehaltes dient in diesem Fall nur dazu, sich die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung offen zu halten.
Rz. 35
Aber auch, wenn zwar eine Überschuldung des Nachlasses bereits befürchtet wird, letztlich aber die Haftungsbeschränkungsmaßnahmen noch nicht wirksam herbeigeführt wurden oder auch noch nötige Beweismittel fehlen, wird die Frage nach der Haftungsbeschränkung offen gelassen und bis zur Vollstreckungsgegenklage aufgeschoben. Der Erbe erhält die Chance bis dahin Haftungsbeschränkungsmaßnahmen herbeizuführen oder neue Beweismittel zu beschaffen.
Hinweis
Die mit der Erbenhaftung verbundene und oft beklagte Klagewelle ist also für den Erben nicht nur nachteilig!