Dr. iur. Stephanie Herzog
I. Vorbehalt auf Einrede des Erben
Rz. 22
Die Einrede der Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass wird nicht von Amts wegen berücksichtigt; insbesondere nicht schon aufgrund der Tatsache, dass der Schuldner als Erbe verklagt wird. Um ein Vorbehaltsurteil nach §§ 780 Abs. 1, 305 ZPO zu erwirken, muss der Erbe die Einrede der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass erheben. Hierzu ist aber kein besonderer Antrag erforderlich. Es genügt, wenn der Erbe die Beschränkung seiner Haftung einredeweise im laufenden Prozess erwähnt hat.
Der Rechtsanwalt wird aus Gründen anwaltlicher Vorsicht einen gesonderten Antrag stellen; falls kein sofortiges Anerkenntnis erfolgt, hilfsweise:
In der mündlichen Verhandlung werden wir beantragen:
Dem Beklagten bleibt die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des am … in … verstorbenen … (Erblasser) in Bezug auf Haupt-, Nebenforderung und Kosten vorbehalten.
Rz. 23
Die Einrede muss bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung erhoben worden sein. Dies sollte grds. in der 1. Instanz erfolgen. Nachholbar ist dies aber i.d.R. auch noch in der Berufungsinstanz. Die Berufung kann gar allein mit dem Ziel eingelegt werden, eine rechtskräftige vorbehaltlose Verurteilung zu verhindern (h.M.).
Hinweis
Bezüglich eines solchen Vorgehens ist aber wegen § 531 Abs. 2 ZPO Vorsicht geboten. Neuer Vortrag ist nur zulässig, wenn er unstreitig ist. Die Einredeerhebung als solche wird stets gerichtsbekannt sein; insoweit handelt es sich um zuzulassenden Vortrag. Wenn aber streitiger Vortrag zur (für die Aufnahme eines Vorbehaltes allein maßgeblichen) Frage besteht, ob es sich bei der eingeklagten Forderung um eine reine Nachlassverbindlichkeit handelt, könnte es Probleme geben. Ob die sonstigen Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkung umstritten sind, ist unerheblich, weil nicht entscheidungserheblich, da die sachliche Klärung dieser Frage rglm. nicht im Erkenntnisverfahren erfolgt (siehe Rdn 28).
Rz. 24
In der Revision kann die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nur in Ausnahmefällen erstmals erhoben werden, z.B. dann, wenn der Erblasser erst nach Abschluss der Berufungsinstanz gestorben ist oder die Nachlassverwaltung erst hiernach aufgehoben wurde. Auch dann ist aber eine Revision allein mit dem Ziel, eine vorbehaltlose Verurteilung zu verhindern, nicht möglich.
II. Aufnahme des Vorbehaltes in das Urteil
Rz. 25
Der Rechtsanwalt muss darauf achten, für den Erben ein wirkliches Vorbehaltsurteil zu erreichen. Dieses muss nicht als solches überschrieben sein; die bloße Verurteilung als Erbe genügt aber jedenfalls nicht. Die h.M. lässt es auch nicht ausreichen, wenn der Vorbehalt ausschließlich in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommt, sondern verlangt, dass der Vorbehalt in den Tenor aufgenommen wird.
Für sämtliche Einreden genügt grundsätzlich der allgemeine Vorbehalt:
Der Beklagte wird verurteilt, …
Ihm wird in Bezug auf Haupt- und Nebenforderung (sowie in Bezug auf die Kosten) die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des am … in … verstorbenen … (Erblasser) vorbehalten.
Rz. 26
Ist trotz Einredeerhebung kein Vorbehalt in den Tenor aufgenommen worden, kann der Erbe nach § 321 Abs. 1 ZPO Tenorberichtigung verlangen. Der Antrag muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Urteils durch Einreichung eines Schriftsatzes gestellt werden, § 321 Abs. 2 ZPO. In der Berufungsinstanz muss die Aufnahme eines Vorbehaltes in den Tenor ohne Rüge nachgeholt werden, wenn dies vom erstinstanzlichen Gericht trotz Einredeerhebung unterlassen wurde. Der Kläger kann allerdings nicht allein aufgrund des Vorbehaltes Berufung einlegen, weil er dadurch nicht beschwert ist.
Hinweis
Hat der Erbe es in der ersten Instanz versäumt, die Einrede zu erheben, so kann allein mit dem Ziel, dies nachzuholen, Berufung, nicht aber Revision eingelegt werden (siehe oben Rdn 23).