Rz. 57
Die Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft, die ausschließlich nach den Regeln des Gesetzes (§§ 2038, 752 ff. BGB) erfolgt, ist selten, weil man die Versteigerung von Grundstücken und den Pfandverkauf von beweglichen Sachen zu Recht scheut. Die Erbteilung nach den gesetzlichen Regeln (siehe Rdn 40 ff.) kommt – eventuell in Verbindung mit Teilungsanordnungen des Erblassers (§ 2048 BGB; siehe Rdn 52 ff.) – allerdings häufig vor, wenn es gilt, nach den gesetzlichen Regeln Konten und Depots aufzuteilen, also eine (erste) Teilauseinandersetzung vorzunehmen (siehe Rdn 62 f.).
In den weitaus meisten Fällen der Nachlassauseinandersetzung – auch bei denen Teilungsanordnungen vorhanden sind – einigen sich die Miterben auf der Grundlage der Vertragsfreiheit: Der eine Miterbe bekommt das Haus, der andere Miterbe die Gemäldesammlung, der dritte Miterbe erhält das Barvermögen.
1. Vertretung der Minderjährigen
Rz. 58
Grundsätzlich wird bei solcher Erbauseinandersetzung der Minderjährige von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten. Bei einem Erbteilungsvertrag können Eltern aber dann nicht für ihre minderjährigen Kinder handeln, wenn sie selbst oder wenn mehrere ihrer minderjährigen Kinder Miterben sind. Gleiches gilt, wenn der Ehegatte des vertretungsberechtigten Elternteils oder ein Verwandter in gerader Linie, ein Großelternteil des Kindes, Miterbe sind. Ihrer Mitwirkung stehen §§ 181, 1629 Abs. 2 S. 1, 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB entgegen: Jedes Kind muss jeweils durch einen eigenen Ergänzungspfleger (§ 1809 Abs. 1 S. 1 BGB) vertreten werden. Zuständig für die Bestellung des Ergänzungspflegers ist das Familiengericht (§ 151 Nr. 5 FamFG).
Rz. 59
Der Vollzug des Auseinandersetzungsvertrages geschieht nach den allgemeinen Regeln, also z.B. bei Grundstücken durch Auflassung (§§ 873, 925 BGB) des im Gesamthandseigentum der Miterben stehenden Grundstücks an einen bestimmten Miterben. Hier können Eltern zugleich für sich wie auch für ihre Kinder handeln oder auch mehrere minderjährige Kinder zugleich vertreten, weil § 181 BGB In-Sich-Geschäfte und § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB Verwandtengeschäfte nicht verbieten, wenn es sich nur um die Erfüllung von Verbindlichkeiten handelt. Das ist hier der Fall, soweit es um die Erfüllung einer gültigen Auseinandersetzungsvereinbarung geht, also eines gerichtlich genehmigten Auseinandersetzungsvertrages.
In der Praxis wird indes oftmals zugleich mit einem (insbesondere im Hinblick auf § 311b Abs. 1 BGB) notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag der Vollzug dieses Vertrags ganz oder teilweise vorgenommen. Es werden Forderungen gegen Banken abgetreten oder die Auflassung vorgenommen, wobei die Ergänzungspfleger auch die Minderjährigen vertreten. Auch erfolgt selten die gerichtliche Genehmigung nur hinsichtlich des Grundgeschäfts.
Sofern nicht bereits anlässlich des Abschlusses der Auseinandersetzungsvereinbarung die Pfleger auch schon die Vollzugsgeschäfte vorgenommen haben (wenn die Anordnung der Pflegschaft diese Tätigkeit – wie regelmäßig – mit umfasst), bedarf es keiner weiteren Hinzuziehung der Ergänzungspfleger.
2. Familiengerichtliche Genehmigungen
Rz. 60
Der (frei vereinbarte) Auseinandersetzungsvertrag bedarf keiner familiengerichtlichen Genehmigung, wenn Eltern ihre Kinder vertreten (§ 1643 Abs. 3 S. 2 BGB).
Gehört aber zum Nachlass ein Gegenstand, hinsichtlich dessen auch Eltern als gesetzliche Vertreter sich nicht ohne gerichtliche Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1850 bis 1854 BGB verpflichten können, z.B. ein Grundstück (§ 1850 Nr. 1 und Nr. 5 BGB) oder ein einzelkaufmännisches Erwerbsgeschäft (§ 1852 Nr. 1 lit. a BGB), das einem Miterben zugeteilt ist, bedürfen auch Eltern zum Auseinandersetzungsvertrag der gerichtlichen Genehmigung.
Eine gerichtliche Genehmigung einer (schuldrechtlichen) Auseinandersetzungsvereinbarung umfasst regelmäßig – zumindest schlüssig – auch die Genehmigung der Vollzugsgeschäfte, wo diese einer besonderen Genehmigungspflicht unterliegen, wie z.B. gemäß § 1850 Nr. 1 BGB.
Rz. 61
Wird ein Minderjähriger durch einen Pfleger oder einen Vormund vertreten, bedarf der Auseinandersetzungsvertrag der gerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1799 Abs. 1, 1813 Abs. 1, 1851 Nr. 1 BGB. Die Genehmigung wird regelmäßig umfassend erteilt; wenn also auch ein Grundstück von der Auseinandersetzungsvereinbarung erfasst ist, erstreckt sich die familiengerichtliche Genehmigung sowohl auf das Verpflichtungsgeschäft nach § 1850 Nr. 5 BGB als auch auf das Verfügungsgeschäft nach § 1850 Nr. 1 BGB.
3. Besonderheiten bei einer sachlichen Teilauseinandersetzung aufgrund einer Vereinbarung
Rz. 62
Selten setzen die Miterben den Nachlass auf einmal vollständig auseinander. Auch ohne dass sie ausdrücklich oder stillschweigend einen Aufschub der Auseinandersetzung vereinbaren, erfolgen häufig sachliche Teilauseinandersetzungen: Erst verteilen sie das Bargeld. Dann wird die Wohnung des Erblassers aufgelöst, sie begle...